SOLARIS | Solaris
Filmische Qualität:   
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: George Clooney, Natascha McElhone, Jeremy Davies, Viola Davis, Ulrich Tukur
Land, Jahr: USA 2002
Laufzeit: 99 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: S


JOSÉ GARCÍA


Steven Soderbergh (geb. 1963) gehört zu den wenigen Filmregisseuren, die aus der so genannten „Independent-Szene“ kommend in Hollywood Fuss fassen konnten. Während etwa sein Gangsterfilm „The Limey“ (1999) noch in fünf Kategorien für den „Independent Spirit Award“ nominiert wurde, erhielten seine folgenden Spielfilme „Erin Brockovich“ (2000) und „Traffic“ (2000) den höchsten von Hollywood verliehenen Preis: „Erin Brockovich“ wurde mit einem, „Traffic“ gar mit vier Oscars – unter anderem in der Kategorie „Bester Regisseur“ – ausgezeichnet. Steven Soderbergh war vom „System Hollywood“ angenommen.

Wiesen diese Oscar-prämierten Filme noch eine eigene Handschrift auf, so drehte Soderbergh als Nächstes einen reinen Genre-Film: „Ocean’s Eleven“ (2001), den er als blosse Unterhaltung verstanden wissen wollte. Bei „Ocean’s Eleven“ handelte es sich um das „Remake“ eines bereits im Jahre 1960 von Frank Sinatra und seinen Kollegen Dean Martin und Sammy Davis Jr. unter demselben Originaltitel inszenierten genialen Supercoups. Soderberghs nächstes Kinoprojekt sollte wieder ein Remake werden: Stanislav Lems bekannter Roman „Solaris“ (1961) wurde bereits im Jahre 1972 von Andreij Tarkowskij verfilmt. Allerdings dürfte bei der erklärten Absicht des Regisseurs, das Drehbuch „aus Aspekten des Romans, Elementen des Tarkowskij-Films und vielen eigenen Ideen“ entwickeln zu wollen, eigentlich nicht von Remake, sondern eher von einer neuen Version des Romans gesprochen werden.

Der Psychologe Dr. Chris Kelvin (George Clooney) wird beauftragt, an Bord der Raumstation Prometheus zu kommen, auf der sich merkwürdige Dinge ereignet haben sollen. Bei seiner Ankunft findet Kelvin auf der Prometheus eine verwirrende Lage vor: Dr. Gibarian, von dem der Hilferuf stammte, hat Selbstmord begangen, und die zwei verbleibenden Wissenschaftler zeigen Anzeichen von Paranoia, offenbar ausgelöst durch die Beschäftigung mit dem Planeten Solaris, den die Prometheus umkreist. Ziel der Raumstation ist es, die auf Solaris vermutete Intelligenz zu erforschen und mit ihr Kontakt aufzunehmen. Doch nicht die Wissenschaftler von der Erde experimentieren mit Solaris, sondern dieser oder die dort existierende Intelligenz benutzt die Astronauten als Versuchsobjekte, indem er oder sie ihnen „Besucher“ schickt. Chris Kelvin träumt in der ersten Nacht auf der Prometheus von seiner Frau Rheya (Natascha McElhone), die vor einiger Zeit Selbstmord begangen hatte. Als er aufwacht, liegt „Rheya“ neben ihm.

Das Science-Fiction-Produktionsdesign kümmert sich wohltuend wenig um Technisches, sondern lässt sich eher vom Szenario der Schlussszenen aus „2001 – Odyssee im Weltraum“ (Stanley Kubrick, 1968) inspirieren. Zu dieser kühlen, aber eleganten Inszenierung passt allerdings kaum, dass Soderbergh zwei peinlich berührende Akte von George Cloony offensichtlich benutzt, um den Film für ein breiteres Publikum zu bewerben. Die äussere Handlung, die Science-Fiction-Story, dient nach Soderbergh lediglich als Rahmen, in den die Liebesgeschichte eingebettet ist, über die sich Soderberghs „Solaris“ den Fragen zum Woher und Wohin des Menschen anzunähern versucht.

Durch die Erscheinungen werden Fragen aufgeworfen, nicht jedoch der Ansatz einer Antwort geboten: Gibt Solaris dem von Schuldgefühlen geplagten Kelvin eine zweite Chance zur Wiedergutmachung? Kann er wirklich die Vergangenheit verändern? Oder sind Menschen nur Marionetten, die von einem fremden Willen ferngesteuert werden? Wenn etwa Rheya – oder der „Besucher“, der sich als Rheya ausgibt – von der Unmöglichkeit, mit der „Intelligenz“ in Verbindung zu treten, spricht: „Es hat mich erschaffen, aber ich kann nicht mehr mit ihm kommunizieren“, bleibt völlig unklar, ob dies als Aussage des Trugbildes oder darüber hinaus als Reflexion eines realen Menschen aufgefasst werden soll.

Die Relativierung solcher Fragestellungen legt die Absicht des Filmemachers bloss. Denn letztendlich sind Kelvin Antworten gleichgültig: Ob sich die erschienene Rheya als realer Mensch, als Produkt seiner Erinnerung oder als „Marionette“ eines fremden Willens erweist, interessiert ihn nicht mehr. Es ist ihm allein wichtig, seine geliebte Frau Rheya wieder bei sich zu haben. So löblich erscheinen mag, dass „Solaris“ Fragen stellt, die in den meisten Hollywood-Filmen keine Rolle spielen, die Weigerung, irgendeinen Ansatz zu deren Lösung zu liefern, mündet letztlich in einen als intellektuelle Reflexion getarnten Nihilismus.

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