GELIEBTE CLARA | Geliebte Clara
Filmische Qualität:   
Regie: Helma Sanders-Brahms
Darsteller: Martina Gedeck, Pascal Greggory, Malik Zidi, Nikolai Kinski, Györgyi Szakács, Béla Fesztbaum, Péter Takátsy
Land, Jahr: Deutschland / Frankreich / Ungarn 2008
Laufzeit: 107 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 12/2008
Auf DVD: 6/2009


José García
Foto: Kinowelt

Clara Schumann war laut Ingrid Bodsch, Direktorin des StadtMuseums Bonn und Projektleiterin des Schumann-Netzwerks, „die größte Pianistin ihrer Zeit“. Heute ist Clara Schumann zwar vor allem als Komponistin bekannt, zu ihrer Zeit trat sie aber insbesondere als Interpretin der Werke ihres Mannes Robert Schumann auf, wodurch sie wiederum in besonderem Maße zu dessen internationalem Ruhm beitrug.

In ihrem Spielfilm „Geliebte Clara“ konzentriert sich die Drehbuchautorin und Regisseurin Helma Sanders-Brahms auf die Jahre 1850 bis 1856 und insbesondere auf die „Dreiecksbeziehung“ zwischen Clara und Robert Schumann sowie Johannes Brahms.

Der Film beginnt in einem Zugabteil, was nicht frei ist von symbolischer Bedeutung. Denn durch die Eisenbahn „hat die Welt sich so verändert, wie sie sich in Tausenden von Jahren zuvor nicht verändert hatte. Diese Zeitenwende ist der Bruch, an dem diese drei Leute sich befinden“, führt Helma Sanders-Brahms, selbst eine Nachfahrin von Johannes Brahms, aus. Clara (Martina Gedeck) und Robert Schumann (Pascal Greggory) sind unterwegs nach Hamburg zur letzten Station ihrer Konzertreise, ehe sie von Dresden nach Düsseldorf übersiedeln. In Hamburg kommt es zur flüchtigen Bekanntschaft mit einem jungen Mann, der bald darauf ihr Leben verändern wird: Johannes Brahms (Malik Zidi).

Im Jahr 1850 wird Robert Schumann Musikdirektor in Düsseldorf, wodurch die anstrengenden Konzertreisen aufhören. Der Film zeigt die Bewunderung, mit der Robert Schumann am Rhein aufgenommen wird. Durch dieses Hochgefühl beflügelt, entsteht seine dritte, die sogenannte Rheinische Sinfonie. In diese euphorische Stimmung schleichen sich jedoch erste Irritationen ein: Der Komponist fühlt sich durch seine Verpflichtungen als Dirigent in seiner Arbeit als Komponist eingeengt. Seine Frau muss bei den Proben für ihn einspringen, was die Situation nicht gerade vereinfacht. Denn die Musiker sind keineswegs gewohnt, von einer Frau dirigiert zu werden.

Das einschneidende Ereignis in dieser Zeit ist indessen die Ankunft Johannes Brahms’ in Düsseldorf, der am 1. Oktober 1853 dem Ehepaar Schumann seine Aufwartung macht. Robert Schumann erkennt das Talent des jungen Mannes sofort. Clara und ihre Kinder fühlen sich in der Gesellschaft des fröhlichen jungen Manns sehr wohl.

Bald zeichnen sich bei Robert Schumann erste Anzeichen einer Krankheit ab: Zu den anfänglichen Kopfschmerzen gesellen sich Wutausbrüche und Wahnvorstellungen. Am Rosenmontag 1854 springt er in den Rhein, aber der Selbstmord gelingt nicht: Schumann wird aus dem eiskalten Wasser herausgefischt. Der Komponist lässt sich in eine Nervenheilanstalt in Endenich bei Bonn einweisen. Um den Unterhalt der Familie zu bestreiten, muss Clara wieder auf Konzertreisen. Nach zwei Jahren in der Klinik stirbt Robert Schumann 46-jährig am 29. Juli 1856.

Über das Verhältnis zwischen Clara Schumann und Johannes Brahms ist viel spekuliert worden. Dass er sie liebte, belegt etwa ein Brief des Jüngeren an die verehrte Frau: „Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte dir so zärtlich schreiben, wie ich dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich dir’s wünsche.“ Ob es allerdings zu einem Liebesverhältnis kam, wie Regisseurin Sanders-Brahms mit einer plumpen Bettszene andeutet, ist jedoch mehr als ungewiss. Denn bald darauf trennten sich ihre Wege: Clara Schumann zog nach Berlin, Johannes Brahms nach Detmold.

Helma Sanders-Brahms legt überhaupt ihr Hauptaugenmerk auf die Beziehung zwischen der Frau und den zwei Männern. Sie streift darüber hinaus auch die prekäre Lage einer Künstlerin in der von Männern dominierten Welt des 19. Jahrhunderts. Das aufwändige Produktionsdesign und die schöne Kameraarbeit von Jürgen Jürges sowie die redliche Mühe, die sich Martina Gedeck am Klavier gibt, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Regisseurin offensichtlich schwer tut, die Kernfragen des künstlerischen Prozesses anzugehen. Über die Kompositionen von Clara Schumann verliert der konventionell inszenierte Spielfilm kaum ein Bild. In einem Film über eine Komponistin hätte der Zuschauer indes etwas mehr über die Musik und die Einordnung von Clara Schumann in die Filmgeschichte erwarten dürfen. Wie so manches Künstlerporträt, etwa Agnieszka Hollands Spielfilm über Beethoven „Klang der Stille“ (siehe Filmarchiv), bleibt auch Helma Sanders-Brahms „Geliebte Clara“ an der schön zu bebildernden Oberfläche haften.
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