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José GarcÃa Foto: Concorde Woody Allen-Fans lassen sich einteilen in Anhänger seiner Filmwerke aus den siebziger Jahren und Bewunderer seiner achtziger Jahre-Filme. Schwerlich lässt sich jemand finden, der Allens Produktionen aus der Zeit ânach Mia Farrowâ, also ab 1992, in ihrer Gesamtheit bevorzugt. Mit gutem Grund: Hatte Woody Allen insbesondere mit âDer Stadtneurotikerâ (1977) den Nerv des Zeitgeistes zielsicher getroffen, hatte der Regie-Altmeister vor allem mit âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ (1989) endlich die existentiellen Sujets behandelt, die er in diesem Jahrzehnt offensichtlich anstrebte, so mischen seine Filme seitdem immer wieder dieselben Zutaten. Weil Woody Allen noch immer daran festhält, jedes Jahr einen Film zu drehen, ist es mit seinen Werken wie mit dem Wein: Darunter befinden sich gute, manchmal sehr gute (etwa âBullets over Broadwayâ, 1994), aber auch gänzlich misslungene Jahrgänge. Der Jahrgang 2008 gehört trotz Staraufgebots wegen seiner Frivolität zu den arg Misslungenen. Denn in âVicky Cristina Barcelonaâ erweitert Woody Allen den allbekannten Topos der âDreiecksbeziehungâ zu einer âVierecksbeziehungâ: Die zwei amerikanischen Freundinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) reisen für ein paar Wochen Sommerurlaub nach Barcelona. Ihre Einstellung könnte allerdings kaum gegensätzlicher sein: Vicky hat eine klare Vorstellung über ihre Zukunft, die sie zusammen mit ihrem karrierefixierten Verlobten nach der baldigen Hochzeit zu verbringen gedenkt. Die junge Regisseurin Cristina sucht Inspiration für ihren nächsten Film und überhaupt nach einem unbestimmten Glück. Kaum in Barcelona angekommen, lernen sie den Maler Juan Antonio (Javier Bardem) kennen, der die beiden spontan zu einem Wochenende in Oviedo einlädt â unumwunden betont er, dass die Einladung eine sexuelle Komponente einschieÃt. Vicky ist entsetzt, Cristina begeistert. Letztere setzt sich durch, und die beiden Freundinnen fliegen zusammen mit dem âLatin Loverâ in die nordspanische Stadt. Viel Fantasie braucht man nicht, um sich den weiteren Verlauf auszudenken: Am Ende ist dem Don Juan nicht nur Cristina erlegen, sondern natürlich auch Vicky: Was kann schon ein Langweiler von Verlobtem, der nur an die Firma, das Haus und das Golfspiel denkt, gegen einen echten Künstler ausrichten? Wobei der âechteâ Künstler glücklicherweise eine gewisse Brechung erfährt â endlich ein Lichtblick im Drehbuch! Denn nachdem Juan Antonio unentwegt von seiner geschiedenen Frau MarÃa Elena geredet hat, mit der ihn immer noch eine eigenartige Hassliebe verbindet, betritt die Vierte im Bunde die Szene: MarÃa Elena (Penélope Cruz) stellt sich als so etwas wie die Quintessenz aller feurigen Filmdivas Italiens heraus, eine echte Furie, die Juan Antonio beinahe erstochen hätte â der er allerdings offenbar seine Kunst verdankt. Bald kommen sich alle drei â auch die zwei Frauen untereinander â näher. Trotz der hervorragenden Schauspieler bleiben diese Figuren reine Schablonen, die sich in einem Punkt gleichen: Diese leicht bis schwer neurotischen Menschen haben von Wertvorstellungen nicht die geringste Ahnung. Ungeachtet der warmen Farben, in die Kameramann Javier Aguirresarobe die Bilder taucht, und des scheinbar leichtfüÃigen Erzähltons, zu dem die den ganzen Film kommentierende, kritisch distanzierende Off-Stimme wesentlich beiträgt, bleibt am Ende von âVicky Cristina Barcelonaâ ein schaler Nachgeschmack: Sämtliche sentimentale Irrungen und Wirrungen auf der Suche nach etwas (Liebes-)Glück führen zu der desillusionierenden Feststellung, dass dieses nie von Dauer ist. So zynisch war Woody Allen seit âEhemänner und Ehefrauenâ (1992) nicht mehr. |
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