FROST / NIXON | Frost / Nixon
Filmische Qualität:   
Regie: Ron Howard
Darsteller: Frank Langella, Michael Sheen, Kevin Bacon, Rebecca Hall, Toby Jones, Matthew Macfadyen, Oliver Platt, Sam Rockwell, Janneke Arent, Scott Bryson
Land, Jahr: USA 2008
Laufzeit: 122 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 2/2009
Auf DVD: 9/2009


José García
Foto: Universal

Im Kino feiern zurzeit die sechziger und siebziger Jahre fröhliche Urständ. Der Spielfilm, der vergangene Woche den offiziellen Wettbewerb der Berlinale „The International“ eröffnete, ist zwar in der Gegenwart angesiedelt. Sein Regisseur Tom Tykwer nahm sich aber Filme zum Vorbild, in denen „die politische Paranoia der Siebzigerjahre ein relevanter Subtext (war)“, so Tykwer in einem Interview mit der „Zeit“. Der ebenfalls gerade angelaufene Film „Glaubensfrage“ von John Patrick Shanley spielt sogar im Jahre 1964.

In „Frost/Nixon“ dreht Regisseur Ron Howard die Uhr mehr als dreißig Jahre zurück. Im Frühjahr 1977 führte der britische Showmaster David Frost mit dem drei Jahre zuvor als Präsident der Vereinigten Staaten zurückgetretenen Richard Nixon eine Reihe Interviews, die in vier 90-minütigen Folgen ausgestrahlt und von 45 Millionen Zuschauern verfolgt wurden. Der britische Drehbuch- und Bühnenautor Peter Morgan, der die Skripte zu weiteren historischen Filmen, etwa „The Queen“ (siehe Filmarchiv) und „Die Schwester der Königin“ (siehe Filmarchiv) verfasste, schrieb 2006 das Bühnenstück „Frost/Nixon“, das in London und am New Yorker Broadway einen großen Erfolg verbuchen konnte.

Mit denselben Schauspielern, die in der Bühnenfassung Richard Nixon (Frank Langella) und David Frost (Michael Sheen) darstellten, hat nun Regisseur Ron Howard das Theaterstück für die große Leinwand adaptiert. Der Spielfilm „Frost/Nixon“ setzt mit dokumentarischen Ton- und Nachrichtenaufnahmen der „Watergate“-Affäre ein. Zusammen mit der Einblendung des Datums, an dem Nixon zurücktrat (9.8.1974), sollen diese Dokumente Authentizität bescheinigen.

Den Authentizitätsanspruch erhebt der Film darüber hinaus etwa auch durch nachgestellte Interviews, die allerdings durch den erzwungenen dokumentarischen Eindruck eher irritieren. Glücklicherweise versuchen Frank Langella und Michael Sheen nicht, durch gekünstelte Geste die Mimik der dargestellten Personen nachzuahmen. Frank Langella gelingt es indes, die Arroganz der Macht glaubwürdig zu verkörpern, der historischen Gestalt Richard Nixon aber gleichzeitig menschliche Züge zu verleihen. Für dieses differenzierte Spiel erhielt Frank Langella zu Recht eine Oscarnominierung.

„Frost/Nixon“ beschränkt sich allerdings nicht auf den kammerspielartigen Schlagabtausch zwischen dem Politiker und dem Showmaster. Der Spielfilm beginnt mit der Einführung der zwei Hauptpersonen: Nixon hält eine Rede bei irgendeiner Wohltätigkeitsveranstaltung. Eine Frage nach der „Watergate“-Affäre bringt ihn jedoch aus der Fassung. Daraufhin beschimpft er seinen Assistenten Jack Brennan (Kevin Bacon), und fasst den Entschluss, sein Image in der Öffentlichkeit zurechtzurücken. Um seine Finanzen aufzubessern, schreibt er im kalifonischen San Clemente an seinen Memoiren.

Da kommt ihm das Angebot eines nicht mehr ganz erfolgreichen Showmasters, für eine Interviewreihe 600 000 Dollar zu kassieren, gerade recht. Der britische Fernsehmoderator David Frost wird als „Leichtgewicht“ eingeführt, der zwar mit Prominenten Plaudergespräche führen und sich auf Partys bewegen, aber kaum in die Tiefe gehen kann. Frost stellt jedoch mit dem Reporter Bob Zenik (Oliver Platt) und dem Autor und Universitätsdozent James Reston (Sam Rockwell) ein Team zusammen, das ihm bei den wochenlangen Vorbereitungen auf das Fernsehduell zur Seite steht. Der Film macht die Rollenverteilung deutlich: Frost ist der Oberflächliche, Reston der Intellektuelle.

Nixons Strategie, Frost mit langgezogenen, rhetorisch brillanten Antworten kaum zum Zuge kommen zu lassen, geht zwar zunächst auf. Eine fiktionalisierte Szene stellt jedoch am Vorabend des letzten Interviews den Wendepunkt dar. David Frost schafft es dann, den Ex-Präsidenten in die Enge zu treiben und ihn mit einer gezielten Frage endlich zu der lang ersehnten Aussage zu veranlassen.

Obwohl der Kern von „Frost/Nixon“ naturgemäß eine kammerspielartige Dramaturgie besitzt, bei der Salvatore Totinos Kamera die kleinsten Regungen und die Blicke der Hauptfiguren in Großaufnahme zeigt, macht etwa auch das detailverliebte Produktionsdesign – gedreht wurde an Originalschauplätzen, in Nixons Haus in San Clemente sowie in Frosts Hotel-Suite – aus „Frost/Nixon“ einen großen Kinofilm.

Ron Howard zeigt zwei gegensätzliche Gegenspieler, bei denen der Zuschauer im Laufe der Zeit freilich mehr Gemeinsamkeiten entdeckt, als zunächst vermutet. „Frost/Nixon“ wurde für den Oscar 2009 fünfmal nominiert: Außer für die Kategorie „Hauptdarsteller“, auch für „adaptiertes Drehbuch“ und den famosen „Schnitt“ sowie in den Königskategorien „Beste Regie“ und „Bester Film“.
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