EIN LEBEN FÜR EIN LEBEN – ADAM RESURRECTED | Adam resurrected
Filmische Qualität:   
Regie: Paul Schrader
Darsteller: Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Ayelet Zurer, Sir Derek Jacobi, Hana Laslo, Joachim Król, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres
Land, Jahr: Deutschland / USA / Israel 2008
Laufzeit: 106 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: S, X
im Kino: 2/2009


José García
Foto: 3 L

Der erstmals 1969 erschiene Roman von Yoram Kaniuk „Ein Leben für ein Leben – Adam Hundesohn“ lässt sich schwer einordnen. Denn beim Lesen des vergnüglichen Werkes bleibt dem Leser häufig das Lachen im Halse stecken, so tragisch nehmen sich die Hintergründe des Dramas aus. Ein pechschwarzer, ja makabrer Humor zieht sich durch den erzählerisch sehr komplexen Roman, der die Traumata der Holocaust-Überlebenden thematisiert. Nicht nur die Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen erschwert die Verfilmung. Als weitaus schwieriger für die Filmadaption stellt sich das ständige Hin- und Herpendeln zwischen Skurrilem und Wirklichkeitsnähe heraus, zwischen Sinnsuche und Hadern mit einem Gott, der den Holocaust und erst recht das Holocaust-Überleben zuließ.

Obwohl dem Vernehmen nach keine Geringeren als Charles Chaplin und Orson Welles Kaniuks Roman verfilmen wollten, hat es vierzig Jahre gedauert, bis ihn Paul Schrader nach einem Drehbuch von Noah Stollman für die große Leinwand adaptiert hat.

Nach einigen Dokumentaraufnahmen aus dem Berlin der zwanziger Jahre wird Adam Stein (Jeff Goldblum) eingeführt. Er ist ein gefeierter Star der Zirkus- und Varieté-Szene, ein Clown, aber auch ein Magier mir übersinnlichen Fähigkeiten.

Schnitt: Israel in den sechziger Jahren. Adam Stein wird aus einer Pension abgeholt, wo er sich bei Ruth (Juliane Köhler) versteckt hat. Adam wird von den Pflegern in ein Sanatorium zurückgebracht, das mitten in der israelischen Wüste für traumatisierte Holocaust-Überlebende errichtet wurde. Dort versucht der erfahrene Psychiater Dr. Nathan Gross (Derek Jacobi) seinen dem Wahnsinn verfallenen Patienten bei der Bewältigung ihrer traumatischen Vergangenheit zu helfen.

Adam begehrt aber gegen die Ärzte auf. Nicht nur dass er hie und da Alkohol versteckt und eine zwar verbotene, dann aber wieder geduldete Beziehung zur Krankenschwester Gina (Ayelet Zurer) unterhält. Darüber hinaus lässt er sich von den anderen Insassen als eine Mischung aus Klassenclown und Messiasfigur feiern: „Ich werde euch retten. Ich, der Clown“. Adam Stein verwickelt den Anstaltleiter immer wieder in philosophische Gespräche. Eine Heilung hält er selbst jedoch für ausgeschlossen. Zu tief sind die Verwundungen, die er in der Vergangenheit erfahren hat.

In beinahe schwarzweißen Rückblenden wird nun diese Vergangenheit rekonstruiert: 1926 kommt es in seinem Berliner Varieté-Zirkus zu einer schicksalsschweren Begegnung: Adam wählt aus dem Publikum einen Freiwilligen (Willem Dafoe) aus. Der Entertainer Adam errät, dass sich der Unbekannte an diesem Abend umbringen wollte: Adam gelingt es, den Selbstmordgefährdeten zum Lachen zu bringen.

Zehn Jahre später ist die Zahl der Uniformierten unter dem Zirkuspublikum sprunghaft angestiegen. Adam Stein erhält Berufsverbot. In einem Akt reinen Sadismus erschießen SS-Schergen den zum Zirkus-Programm gehörenden Bären. Adam Stein weigert sich, Berlin und verlassen. So wird er zusammen mit seiner Frau und den zwei Töchtern 1944 in ein Konzentrationslager verbracht. Der Lagerkommandant Klein erkennt ihn wieder: Das war der Zirkusmann, der ihm vor etlichen Jahren das Leben gerettet hat. So schließt er unter dem Motto „Ein Leben für ein Leben“ einen Pakt mit Adam, unter der Voraussetzung, dass Adam ihn zum Lachen bringt, dass er Kleins Hund wird. Die Erniedrigung, auf allen vieren zu kriechen und zusammen mit Kleins Hund „Rex“ aus dem Napf zu fressen, wird zu einem lebenslangen Trauma, zumal er dadurch seine Familie nicht retten kann.

Adam bleibt selbst im Sanatorium der Mann, der ein Hund war. Eines Tages riecht er dort einen Hund. Es stellt sich heraus, dass der Hund ein Kind ist, der unter einem übelriechenden Laken angekettet liegt. Adam nimmt sich des Jungen an und versucht, ihn wieder zum Menschen zu erwecken – worin auch die Rettung für Adam selbst liegt.

Der surrealistisch anmutende Film ist die erste Filmproduktion über den Holocaust, in der jüdische und deutsche Schauspieler gemeinsam vor der Kamera stehen. Wobei die Besetzung „gegen den Strich“ vorgenommen wurde: So spielt den sadistischen Lagerkommandanten der amerikanische Darsteller Willem Dafoe. Die Holocaust-Opfer werden zum Teil von deutschen Schauspielern dargestellt. Unter ihnen ragt Joachim Król als Selbstmordgefährdeter Wolfowitz heraus.

„Ein Leben für ein Leben“ als Holocaust-Film zu bezeichnen, greift jedoch zu kurz. Dazu führt Regisseur Schrader aus: „Das ist das letzte, was ich will. Ich will eine Story erzählen, die 1961 spielt. Der Holocaust ist der Hintergrund.“ Darüber hinaus verwendet der Film keine realistische, sondern eher eine eigenwillig-skurrile Filmsprache, in der der feinsinnige, typisch jüdische Humor eine herausragende Rolle spielt.
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