HILDE | Hilde
Filmische Qualität:   
Regie: Kai Wessel
Darsteller: Heike Makatsch, Dan Stevens, Monica Bleibtreu, Michael Gwisdek, Hanns Zischler, Anian Zollner, Trystan Pütter, Johanna Gastdorf, Sylvester Groth, Roger Cicero, Jeroen Willems, Joe Vaz
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 136 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: X
im Kino: 3/2009
Auf DVD: 9/2009


José García
Foto: Warner Bros.

Hildegard Knef (1925–2002) gehört zusammen mit Marlene Dietrich (1901–1992), Maria Schell (1926–2005) und Romy Schneider (1938–1982) zu den wenigen deutschsprachigen Schauspielerinnen, denen eine internationale Filmkarriere gelang. Im Gegensatz jedoch zu Schell oder Schneider begann Hildegard Knef wie ihr großes Vorbild Marlene Dietrich, mit der sie eine jahrzehntelange Freundschaft verband, Mitte der sechziger Jahre eine zweite Karriere als Sängerin. Die Knef veröffentlichte insgesamt 23 Original-Alben (vier davon Live-Alben) mit 317 Einzeltiteln (130 davon mit von ihr selbst geschriebenen Texten).

Die wechselvolle Karriere der Knef zeichnet nun die Filmbiografie „Hilde“ nach. Der Film, bei dem Kai Wessel nach einem Drehbuch von Maria von Heland Regie führte, erlebte seine Weltpremiere in der Reihe „Berlinale Special“ bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen Berlin, und startet nun im regulären Programm.

Als Rahmenhandlung verwendet das Drehbuch das Konzert, das die Wandlung von der Schauspielerin zur Sängerin markiert: Im Jahre 1966 kehrt Hildegard Knef (Heike Makatsch) zusammen mit ihrem zweiten Ehemann David Cameron (Dan Stevens) nach Deutschland zurück, um in der Berliner Philharmonie aufzutreten. Es ist das erste nichtklassische Konzert, das im ehrwürdigen Haus stattfindet, und es soll ein großer Triumph für die Knef werden, bei dem sie von zweitausend Zuschauern umjubelt wird. Aber zunächst zeigt der Film, wie sich die Schauspielerin und Sängerin in der Garderobe entspannt und ihr Leben Revue passieren lässt – ein üblicher dramaturgischer Kunstgriff in einer Filmbiografie.

Die Rückblende setzt im Jahr 1943 ein, als die 17-Jährige gegen die Einwände ihrer Mutter Frieda (Johanna Gastdorf) dank der Unterstützung von Else ers (Monica Bleibtreu), der Leiterin des UFA-Besetzungsbüros, an der Schauspielschule Potsdam-Babelsberg aufgenommen wird. Else ers warnt Hilde vor Ewald von Demandowsky, dem „Reichsfilmdramaturgen“, Tobis-Chef und wichtigsten Mitarbeiter Goebbels’ in Sachen Film. Doch Hilde verliebt sich in den verheirateten Ewald von Demandowsky – oder ist dies kalte Berechnung, weil sie sich von ihm entscheidende Protektion verspricht? Jedenfalls wird Hilde Demandowskys Geliebte. An seiner Seite kämpft die als Mann verkleidete angehende Schauspielerin gegen die Rote Armee im Volkssturm.

Nach kurzer Kriegsgefangenschaft, bei der sie von ihrem Geliebten getrennt wird, lernt Hilde in den Trümmern der Hauptstadt ihren ersten Ehemann, den jüdischen GI Kurt Hirsch (Trystan Pütter), kennen. In diesen Tagen macht Hilde eine weitere Bekanntschaft: Auf der Bühne wird sie von Erich Pommer (Hanns Zischler) entdeckt. Pommer war in der Weimarer Republik einer der wichtigsten Filmproduzenten (produziert hatte er etwa „Metropolis“ und „Der blaue Engel“), ehe er aus Nazideutschland in die Vereinigten Staaten geflohen war.

Pommer wird zu Hildes väterlichem Freund, der sie nicht nur zu ihrer Beziehung zu Demandowsky und dem Nationalsozialismus befragt, sondern sie auch warnt, zu früh ihr Glück in Hollywood zu versuchen. Aber auch diesen Rat schlägt Hilde in den Wind: Nach dem Erfolg von „Die Mörder sind unter uns“ (1946) unterschreibt der neue deutsche Star einen Vertrag bei David O. Selznik. Weil sie aber trotz Vertrags keine Rollen bekommt, kehrt sie nach Deutschland zurück, um unter der Regie von Willi Forst die Hauptrolle in „Die Sünderin“ zu übernehmen.

Kai Wessels Film „Hilde“ verbleibt erstaunlich kurz bei dieser Episode, die einen großen Skandal auslöste und mit der ein großer Teil der Öffentlichkeit den Namen Hildegard Knef immer noch verbindet. So bleibt „Hilde“ an der Oberfläche haften. Denn es war nicht hauptsächlich die kurze Nacktszene, wie im Film behauptet wird, was „Die Sünderin“ zu einem Skandal machte. Kirchliche und politische Kreise lehnten „Die Sünderin“ vielmehr wegen „hinnehmender Darstellung der Prostitution und der Tötung auf Verlangen sowie der romantischen Verklärung des Selbstmordes“ (Handbuch der katholischen Filmkritik) ab.

„Wer ist Hildegard Knef?“, hatte sie einst Erich Pommer gefragt. Darauf sollte Kai Wessels Film Antwort geben. Die Behandlung von „Die Sünderin“ ist indes dafür bezeichnend, dass „Hilde“ die Stationen aus zwei Jahrzehnten im Leben von Hildegard Knef zwar durchstreift, aber dem Anspruch kaum gerecht wird, die Suche nach sich selbst im Leben der Knef überzeugend darzustellen.

Dies liegt jedoch keineswegs am Spiel von Heike Makatsch. Ganz im Gegenteil: Über die verblüffende äußere Ähnlichkeit hinaus imitiert die Makatsch die Gesten und die Mimik der Knef in formvollendeter Form. Dennoch: Zwar bebildert Kai Wessels Film einige Episoden aus dem Leben der Knef. Wer aber Hildegard Knef eigentlich war, erfährt der Zuschauer in „Hilde“ wohl kaum.
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