JOHN RABE | John Rabe
Filmische Qualität:   
Regie: Florian Gallenberger
Darsteller: Ulrich Tukur, Anne Consigny, Daniel Brühl, Zhang Jingchu, Steve Buscemi, Dagmar Manzel, Gottfried John, Teruyuki Kagawa, Mathias Herrmann
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 130 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G ++, S
im Kino: 4/2009
Auf DVD: 8/2009


José García
Foto: Majestic

„Kann und darf ich unter diesen Umständen fortlaufen? Ich glaube nicht! Wer einmal, an jeder Hand ein zitterndes Chinesenkind, stundenlang bei einem Luftangriff im Unterstand gesessen hat, wird mir das nachfühlen können.“ Dieser Eintrag befindet sich unter dem 21. September 1937 im Tagebuch von John Rabe, dem „guten Mann von Nanking“, der in China als „lebender Buddha“ gefeiert, in Deutschland aber jahrzehntelang vergessen wurde.

Im September 1937 begann eine Großoffensive der japanischen Armee auf Nanking, die in ein furchtbares Massaker mündete. John Rabe lebte als Siemens-Werksdirektor seit nahezu drei Jahrzehnten in Nanking. Obwohl er von der Siemens-Leitung aufgefordert worden war, sich in Sicherheit zu bringen, obsiegte sein Gewissen. John Rabe blieb in Nanking, errichtete zusammen mit anderen Ausländern eine „Internationale Sicherheitszone“ und rettete dadurch unter dem Einsatz seines Lebens das Leben von Hunderttausenden.

John Rabe war ein leidenschaftlicher Tagebuch-Schreiber, und behielt seine Leidenschaft auch in dieser Zeit bei. „Mit diesem Datum beginnt mein Kriegstagebuch“, schreibt er am 22. September 1937. Das Tagebuch wurde nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1938 von der Gestapo beschlagnahmt. Ediert wurde es erst 1997 von Erwin Wickert (1915–2008), der Rabe im Jahre 1936 persönlich kennen gelernt hatte.

Florian Gallenbergers Spielfilm „John Rabe“ basiert auf John Rabes Tagebuch, das „Goldmann“ pünktlich zum Filmstart neu herausgebracht hat. Weil ein Spielfilm bei aller Realitätstreue das Geschehen dramaturgisch verdichten muss, beginnt „John Rabe“ mit einem Paukenschlag: Der Angriff japanischer Flugzeuge auf Nanking setzt ausgerechnet bei einer von Rabe gegebenen Abschiedsgesellschaft am Vorabend seines geplanten Abschieds von China ein. John Rabe (Ulrich Tukur) öffnet die Tore des Firmengeländes, um die schutzsuchenden Familien seiner Arbeiter in Sicherheit zu bringen. Der Platz unter einer riesigen Hakenkreuz-Fahne erweist sich als der sicherste Ort vor den mit Deutschland verbündeten Japanern.

Als der deutschjüdische Diplomat Dr. Georg Rosen (Daniel Brühl) von einer in Shanghai eingerichteten Sicherheitszone für Zivilisten berichtet, wird der Gedanke von einigen Ausländern aufgegriffen. Der Geistliche John Magee (Shaun Lawton), aber auch die Leiterin einer internationalen Mädchenschule Valérie Dupres (Anne Consigny) schlagen John Rabe, als Deutscher „Verbündeter“ der Japaner, als Vorsitzenden der Internationalen Sicherheitszone Nanking vor. Nur der amerikanische Dr. Wilson (Steve Buscemi), Chefarzt des lokalen Krankenhauses, zeigt sich dagegen, dass dem „Nazi“ Rabe diese Aufgabe übertragen wird.

Dass nicht alle diese Figuren real existierenden Personen entsprechen, tut der Wahrhaftigkeit des Spielfilmes keinen Abbruch. Denn sie helfen dessen Kern dramatisieren: Kann ein Nazi ein „guter Mensch“ oder gar „ein guter Deutscher“ sein? Dass sich John Rabe an Hitler in der Hoffnung auf eine Intervention bei den Japanern wandte, ist in seinem Tagebuch verbürgt. Gallenbergers Film verschweigt es auch nicht.

Dazu schreibt Erwin Wickert „Er (Rabe) hat den Nationalsozialismus, von dem er in China nur gelesen, den er aber nicht erlebt hatte, gründlich missverstanden. Er glaubte – jedenfalls in seiner Nankinger Zeit – ein Nazi zu sein und hat das während der japanischen Besetzung auch jedermann erzählt. Doch wenn man seine Behauptung unvoreingenommen prüft, kommt man eher zu dem Schluss: Hier irrte Rabe.“

Mit kleinen Schwächen, etwa der aufs Überwältigen angelegten Filmmusik, zeigt „John Rabe“ dank der herausragenden schauspielerischen Leistung von Ulrich Tukur einen Menschen aus Fleisch und Blut, der seinem Gewissen folgte und dadurch über sich hinauswuchs.
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