FESTMAHL IM AUGUST, DAS | Pranzo di Ferragosto
Filmische Qualität:   
Regie: Gianni Di Gregorio
Darsteller: Gianni Di Gregorio, Valeria De Franciscis, Marina Cacciotti, Maria Calì, Grazia Cesarini Sforza, Alfonso Santagata
Land, Jahr: Italien 2008
Laufzeit: 75 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: --
im Kino: 4/2009


José García
Foto: Pandorafilm

Laut einem italienischen Diktum lassen sich im August auf Roms Straßen lediglich Hunde und Touristen blicken. Wer irgend nur kann, flieht im heißen Monat aus der Urbs, erst recht um die Mitte August zu Mariä Himmelfahrt, den Tagen des „Ferragosto“. Zu den wenigen Römern, die nicht aufs Land oder ans Meer fahren können, gehört allerdings der etwa 60-jährige Gianni (Gianni Di Gregorio). Denn er muss sich weiterhin aufopferungsvoll um seine alte Mutter (Valeria De Franciscis) kümmern.

Wenige Filmsequenzen genügen dem Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion, um in die Situation einzuführen: Beim Einkaufen muss Gianni die Lebensmittel anschreiben lassen. Mit seinen Finanzen kann es also nicht besonders gut bestellt sein. So wundert es kaum, dass Gianni dem Besuch des Hausverwalters (Alfonso Sangataga) mit gemischten Gefühlen entgegensieht.

Dieser eröffnet ihm unzweideutig, dass sich der selbstlose Sohn mit den Zahlungen im Rückstand befindet. Aber wir sind ja in Italien, die Parteien um eine Lösung „unter uns“ bemüht: „Wenn Du nicht bezahlst, was soll ich tun?“, fragt der Hausverwalter. Eine rhetorische Frage, denn er weist es wohl: Er könnte seine Mutter (Marina Cacciotti) bei Gianni über den Feiertag unterbringen, damit er selbst wenigstens zwei Tage wegfahren könnte. Gianni bleibt keine andere Wahl. Nur dass beim verabredeten Termin mit dem Hausverwalter und der Mutter auch noch dessen Tante Maria (Maria Calìzia) im Schlepptau kommt. Als Gianni einen Schwächeanfall erleidet und den Arzt (Marcello Ottolenghi) ruft, kommt dieser auf denselben Gedanken: Mit Grazia (Grazia Cesarini Sforza), der Mutter des Arztes, ist dann das Quartett der alten Damen vollständig, um das sich Gianni über die Feiertage kümmern soll.

Ein solches Sujet erstaunt um so mehr, als Drehbuchautor und Regisseur Gianni di Gregorio bislang vor allem als Drehbuchautor für Mafiafilme bekannt wurde  so zuletzt „Gomorrha  Reise in das Reich der Camorra“ (siehe Filmarchiv). Für sein Regiedebüt wählte er ein Thema, das zu seiner bisherigen Arbeit in kaum einem Zusammenhang stehen könnte

Ein möglicher Grund dafür mag darin liegen, dass „Das Festmahl im August“ laut Gianni Di Gregorio einen autobiografischen Hintergrund hat. Als wichtig für die Inszenierung stellt es sich indes heraus, dass es sich bei den vier Damen um Laiendarstellerinnen handelt, die samt und sonders zwischen 85 und 93 Jahre alt sind, so dass sie nicht nur authentisch wirken, sondern auch dem Film einen fast dokumentarischen Charakter verleihen.

So stellt sich immer wieder das Gefühl ein, dass die Dialoge und mache Situation improvisiert wurden. Zu der dokumentarischen Anmutung des Filmes trägt insbesondere auch die Kameraführung mit häufigen Großaufnahmen der vier Damen, die immer wieder zu Standbildern werden, bei. Ein ähnlich dokumentarisches Gefühl vermittelt ebenfalls die Handkamera in den engen Räumen, die den Charakteren auf Schnitt und Tritt folgt. Halbdokumentarische Bilder bietet „Das Festmahl im August“ darüber hinaus gegen Ende, als Gianni mit seinem Freund „Vichingo“ (Luigi Archetti) auf einem Mofa durch weitestgehend leere Straßen fährt  eine Sequenz, die freilich unweigerlich an Nanni Morettis „Caro Diario. Geliebtes Tagebuch“ (1993) erinnert.

Di Gregorios Komödie bringt den Zuschauer immer wieder dazu, über die skurrilen Eigenschaften der Damen zu lächeln. Hin und wieder schleichen sich jedoch in die Handlung melancholische Töne ein, wenn es etwa um die Einsamkeit und die Zerbrechlichkeit geht. Regisseur di Gregorio gelingt es jedoch, nicht ins Sentimentale zu kippen.

Obwohl Grazia, die Mutter des Arztes, Gianni an einer Stelle erklärt: „Ich erinnere mich gerne an die Kindheit, weil das Alter nichts zu bieten hat“, zeigt der Film genau das Gegenteil. Die eigentliche Aussage von „Festmahl um August“ fasst denn auch Gianni di Gregorio mit den Worten zusammen: „Ich habe unendlich viel darüber gelernt, wie reich das scheinbar eintönige Leben hochbetagter Menschen ist.“ „Das Festmahl im August“ gewann beim Internationalen Filmfestival von Venedig 2008 den Preis für den besten Debütfilm. In Italien avancierte er zum Lieblingsfilm des Publikums.
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