STATE OF PLAY – STAND DER DINGE | State of Play
Filmische Qualität:   
Regie: Kevin Macdonald
Darsteller: Russell Crowe, Ben Affleck, Rachel McAdams, Robin Wright Penn, Helen Mirren, Jason Bateman
Land, Jahr: USA 2009
Laufzeit: 127 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 6/2009
Auf DVD: 10/2009


José García
Foto: Universal

In den späten sechziger und beginnenden siebziger Jahren entstand ein Kinogenre, das unter dem Namen „Polit-Thriller“ spannende Thriller-Elemente mit einer im politischen Milieu angesiedelten Handlung verknüpfte. Insbesondere Sidney Lumet („Serpico“ 1973), Sydney Pollack („Die drei Tage des Condor“, 1975) und Alan J. Pakula („Die Unbestechlichen“, 1976) gelten als die klassischen Regisseure der amerikanischen Spielart des Polit-Thrillers.

Mit dem nun anlaufenden Spielfilm „State of Play – Stand der Dinge“ hat Kevin Macdonald einen Film gedreht, der allzu offensichtlich den großen Vorbildern nacheifert. Im Mittelpunkt steht der Journalist Cal McAffrey (Russell Crowe), der für die (fiktive) Zeitung „Washington Globe“ arbeitet. Schon der Name der Zeitung weckt Assoziationen an die „Washington Post“, deren von Dustin Hoffman und Robert Redford verkörperte Redakteure in Pakulas „Die Unbestechlichen“ („All the President’s Men“) die Wahrheit über die Watergate-Affäre ans Tagelicht förderten. Nicht minder bewusst wird Cal McAffrey vom Aussehen über das altmodische Auto bis zu seinen Ermittlungsmethoden als ein typischer „Siebziger Jahre“-Journalist gezeichnet.

Der zweite Protagonist in diesem Thriller heißt Stephen Collins (Ben Affleck), seines Zeichens aufstrebender Kongress-Abgeordneter, auf den seine Partei große Hoffnungen setzt – so Senator George Fergus (Jeff Daniels), der ihm die Leitung in einem Kongress-Untersuchungsausschuss übertragen hat. Darin sollen die Machenschaften der Privatfirma PointCorp durchleuchtet werden, die bereits im Krieg gegen den Terrorismus Millionengewinne erwirtschaftet und nun auch immer mehr Teile der inneren Sicherheit übernehmen soll.

Die zwei Welten des investigativen Journalismus und der Politik kreuzen sich, als eine Mitarbeiterin des Abgeordneten Stephen Collins vor eine U-Bahn stürzt. Bei der Bekanntgabe des Todes seiner Assistentin bricht Collins vor laufenden Fernseh-Kameras in Tränen aus, so dass bald feststeht, dass zwischen den beiden nicht nur eine rein berufliche Beziehung bestand. Dies stellt nicht nur Collins’ Ehe mit Anne (Robin Wright Penn), sondern auch die politische Karriere des Abgeordneten auf eine harte Probe.

Obwohl sich Cal eigentlich mit einem Mord im Rauschgiftmilieu beschäftigt, wird er von „Washington Globe“-Chefredakteurin Cameron Lynne (Helen Mirren) auf den Fall des Abgeordneten angesetzt. Denn McAffrey und Collins waren beste Freunde, sie teilten sich während ihrer Studienzeit sogar ein Zimmer. Allerdings soll Cal die junge Online-Journalistin Della Frye (Rachel McAdams) unterstützen. Wieder prallen zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite der Journalist alter Schule, der immer einen Notizblock bei sich trägt, auf der anderen Seite die junge Frau, die nie einen Stift zur Hand hat, und am PC an ihrem Blog schreibt.

Die Drehbuchautoren Michael Carnahan, Tony Gilroy und Billy Ray aktualisieren insofern die „Unbestechlichen“-Elemente, als „State of Play“ von Krise und Umbruch im Zeitungswesen handelt. Nicht nur der Gegensatz zwischen Print- und Onlinejournalismus wird thematisiert. Darüber hinaus konfrontiert die Chefredakteurin den investigativen Redakteur mit der harten Wirklichkeit: Die Zeitung wurde gerade eben von einer Investitionsgesellschaft übernommen, und die neuen Herausgeber erwarten schlicht und einfach eine hohe Auflage.

In einem Schlüsseldialog kommt das Dilemma zur Sprache, in dem ein ethischen Prinzipien verpflichteter Journalismus steckt. Cal McAffrey beharrt darauf, den Dingen auf den Grund zu gehen: „Die wirkliche Story, die wahre Story, das ist PointCorp ...“, worauf Cameron Lynne lapidar entgegnet: „Die wirkliche Story ist der Untergang dieser Zeitung“.

Zwar setzt Regisseur Kevin Macdonald unterschiedliche Elemente des klassischen Polit-Thrillers gekonnt in Szene. Diese wirken aber streckenweise wie Versatzstücke, wie Zitate etwa aus Pakulas „Die Unbestechlichen“ oder Pollacks „Die drei Tage des Condor“, die hier neu zusammengesetzt werden. Denn die Verknüpfung der beiden Handlungsstränge gelingt den Filmemachern letztlich nicht. Vor lauter hymnischer Verbeugung vor dem investigativen Journalismus gerät das eigentliche Thema des Filmes in den Hintergrund.

Die immer komplexer werdenden, genreüblichen Wendungen lassen die Filmemacher die politisch brisante Frage der Privatisierung staatlicher Aufgaben aus den Augen verlieren. Der Action-Thriller verdrängt den Polit-Thriller.
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