KLEINE TRICKS | Sztuczki
Filmische Qualität:   
Regie: Andrzej Jakimowski
Darsteller: Damian Ul, Ewelina Walendziak, Rafal Guzniczak, Tomasz Sapryk, Iwona Fornalczyk, Joanna Liszowska, Grzegorz Stelmaszewski
Land, Jahr: Polen 2007
Laufzeit: 96 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 7/2009
Auf DVD: 12/2009


José García
Foto: Kool Film

Filme über Kinder sind nicht immer gleich Kinderfilme. Insbesondere der iranische Regisseur Majid Majidi („Kinder des Himmels“, 1997 und „Die Farben des Paradieses“, 1999) sowie der kurdische Filmemacher Bahman Ghobadi („Die Zeit der trunkenen Pferde“, 2000 und „Schildkröten können fliegen“, 2004) wurden durch ihre Filme über Kinder bekannt, die sich jedoch an Erwachsene wenden. Zu diesem Subgenre gehört etwa auch die britische Produktion „Lieber Frankie“ (Shona Auerbach, 2004), in der die Sehnsucht eines 10-Jährigen nach seinem Vater thematisiert wird.

Von der Sehnsucht nach dem verschwundenen Vater handelt ebenfalls Andrzej Jakimowskis „Kleine Tricks“ („Sztuczki“), der nach seiner Teilnahme an mehreren Filmfestivals und seiner Nominierung für den Oscar in der Kategorie „Nichtenglischsprachiger Film“ nun im regulären Kinoprogramm anläuft.

Der 7-jährige Stefek (Damian Ul) lebt in einer kleinen polnischen Stadt. Während der Sommerferien verbringt er die meiste Zeit am Bahnhof, wo er immer wieder einen Mann (Thomasz Sapryk) beobachtet, der Tag für Tag auf dem Weg zur Arbeit dort umsteigt. Der aufgeweckte Junge ist davon überzeugt, dass dieser Mann sein Vater ist, den er nie gekannt hat. Denn der Vater hatte kurz nach Stefeks Geburt ihn, seine Schwester und seine Mutter verlassen.

Stefek versucht die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu lenken. Um den vermeintlichen Vater mit seiner Mutter zusammenzubringen, um ihn dazu zu bewegen, länger dazubleiben und an der Tür des Ladens vorbeizugehen, in dem seine Mutter arbeitet, vertraut der Junge freilich nicht nur dem Zufall. Von seiner 18-jährigen Schwester Elka (Ewelina Walendziak) hat Stefek allerlei Tricks gelernt, mit denen dem Schicksal nachgeholfen werden kann. Etwa wie man es anstellt, dass die Tüte neben dem Abfallbehälter wie von Zauberhand da hinein gelangt, oder wie man es schafft, dass ein Straßenhändler alle seine Äpfel in einem Rutsch verkauft. Der 7-Jährige versucht mit solchen kleinen Tricks, mittels Zinnsoldaten und Geldmünzen das Schicksal zu beeinflussen.

Mit einem leicht elliptischen Erzählrhythmus, der vieles, darunter auch das Ende, offen lässt, begibt sich der polnische Regisseur Andrzej Jakimowski auf Augenhöhe mit seinem Protagonisten. So lernt der Zuschauer den Mikrokosmos des Jungen aus dessen Sicht kennen. Viele kleine Episoden, aber auch ein „running gag“ mit einem alten Mann und dessen Tauben finden darin Platz.

Im Leben Stefeks spielt beispielsweise seine Schwester Elka eine größere Rolle als seine Mutter (Iwona Fornalczyk), die den ganzen Tag in einem kleinen Tante-Emma-Laden arbeitet. Mit Elka und deren Freund, dem Automechaniker Jerzy (Rafal Guzniczak), verbringt der Junge einfach mehr Zeit. Stefek begleitet beispielsweise Elka, die neben ihrem Job als Tellerwäscherin Italienisch lernt, zu den Vorstellungsgesprächen bei einem italienischen Unternehmen. Das Daumendrücken von Stefek hilft jedoch hier nicht, weil Elka die vereinbarten Termine immer wieder verpasst, so dass sie weiterhin in der Kneipe aushelfen muss.

Mit seinen leicht verwaschenen Farben erinnert „Kleine Tricks“ zwar an die siebziger Jahre. Dadurch gelingt es dem Regisseur jedoch, eine sommerliche Stimmung einzufangen, die von der intelligent eingesetzten Musik unterstützt wird. Die Filmsprache steht im Dienst der Erzählung und der Figuren. So beharrt häufig die Kamera auf Nahaufnahmen der Gesichter Elkas und Stefeks, die ihre Gefühlswelt widerspiegeln.

In „Kleine Tricks“ erzählt Andrzej Jakimowski ein teils poetisches, teils authentisches modernes Märchen, in dem viel Platz für die Liebe zwischen den Geschwistern, aber auch für Hoffnung bleibt. Der subtile Humor hilft außerdem über alle Sentimentalitäten hinweg. Im Laufe dieses Sommers lernt zwar Stefek, dass sich das Schicksal nicht immer zwingen lässt. Die Sehnsucht nach seinem Vater bleibt ihm jedoch erhalten.
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