TROPA DE ELITE | Tropa de elite
Filmische Qualität:   
Regie: José Padilha
Darsteller: Wagner Moura, André Ramiro, Caio Junqueira, Maria Ribeiro, Fernanda Machado, Milhem Cortaz, Paulo Vilela
Land, Jahr: Brasilien / Niederlande / USA 2007
Laufzeit: 115 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G +++, S
im Kino: 8/2009
Auf DVD: 3/2010


José García
Foto: Senator

Vor sechs Jahren bot das Spielfilmdebüt des brasilianischen Regisseurs Fernando Meirelles „City of God” einen schonungslosen Einblick in die von einer brutalen Jugendkriminalität geprägte Welt der gleichnamigen brasilianischen Barackensiedlung „Cidade de Deus“ (siehe Filmarchiv). Ebenfalls in einer brasilianischen Favela ist José Padilhas Spielfilm „Tropa de Elite“ angesiedelt, der bei der Berlinale 2008 überraschenderweise den Goldenen Bären gewann, und nun im regulären Kinoprogramm anläuft.

In „City of God” wählte Meirelles einen Jugendlichen als Erzähler, der unbedingt Fotograf werden möchte, um der Gewaltspirale zu entfliehen. Dadurch gelang es dem Regisseur, eine Innenansicht der Favela und zugleich einen distanzierten Blick auf das Leben dort zu vermitteln. Im Gegensatz dazu übernimmt José Padilha in „Tropa de Elite“ den Standpunkt eines Polizisten und dadurch die zu „City of God“ sozusagen spiegelbildliche Sicht der in den Slums Rio de Janeiros herrschenden Verhältnisse.

Capitão Nascimientos (Wagner Moura) Off-Stimme begleitet bereits die Eingangssequenz von „Tropa de Elite“, eine schnell geschnittene Folge von mit wackeliger Handkamera aufgenommenen Bildern mitten in der Nacht, die sich dem Zuschauer zunächst einmal kaum erschließen.

Hauptmann Nascimiento befehligt ein Sonderkommando der Elitetruppe BOPE, die in den siebziger Jahren gegründet wurde, um den Krieg gegen die Drogenbosse der Favelas Rio de Janeiros, aber auch gegen die Korruption in der Polizei zu führen. Die Elitetruppe wird in die Elendsviertel Rios immer dann geschickt, wenn die reguläre Polizei die Lage nicht mehr kontrollieren kann. Eine solche Situation zeichnet sich etwa im Vorfeld des Papstbesuches im Oktober 1997 ab, bei dem Johannes Paul II. eine Favela besuchen möchte. Im Juli 1997, zwei Monate vor dem Papstbesuch, wird BOPE mit der Aufgabe betreut, während der Pastoralreise für die Sicherheit des Heiligen Vaters zu sorgen.

Die Sicherheitsvorkehrungen für den bevorstehenden Papstbesuch bilden den roten Faden der Erzählung. Einen zweiten Handlungsstrang stellt Nascimientos Wunsch dar, mit Rücksicht auf seine Frau und sein neugeborenes Kind den Dienst zu quittieren, weshalb er nach einem geeigneten Nachfolger sucht. In Frage kommen insbesondere zwei Kandidaten, die befreundeten Polizisten Neto (Caio Junqueira) und André Matias (André Ramiro), die unter der Korruption in der Polizei leiden, und sich deshalb für die Eliteeinheit bewerben. Die unterschiedlichen Freunde müssen sich in einem Ausbildungslager einem besonders brutalen Auswahlverfahren unterziehen.

Der Film springt zwischen den drei Handlungssträngen – der Kampf der Eliteeinheit gegen den Rauschgifthandel, die Ausbildung der Kandidaten und die Korruption bei der Polizei – immer wieder hin und her, wobei die Inszenierung dem Sujet von „Tropa de Elite“ entspricht: Die brutale Gewalt („Die Männer von BOPE gehen in die Slums hinein, um zu töten, nicht um getötet zu werden“) und die barbarischen Ausbildungsmethoden werden mit dokumentarischem Ansatz, mit stets nervöser Kamera und einer teilweise frenetischen Schnittfolge ins Bild gesetzt.

Für die Authentizität von „Tropa de Elite“ spricht, dass neben „City of God“-Drehbuchautor Bráulio Mantovani auch André Batista und Rodrigo Pimentel, zwei ehemalige BOPE-Offiziere, am Skript mitarbeiteten. Batista und Pimentel hatten bereits das Buch „Elite da Tropa“ verfasst, auf dem der Film basiert.

Regisseur José Padilha ist vorgeworfen worden, zu sehr die Sichtweise seiner Hauptfigur, des BOPE-Kommandanten, anzunehmen, und dadurch die brutalen Methoden dieser Spezialeinheit einschließlich Folter gutzuheißen. Zwar vermisst der Zuschauer die erzählerische Distanz, die etwa Meirelles in „City of God” unter Beweis gestellt hatte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Film unkritisch die „guten“ Elitesoldaten gegen die „bösen“ Drogenbarone und die „korrupten“ Polizisten ausspielt. Padilhas Film ist vielschichtiger. Eine Trennlinie zwischen „Gut“ und „Böse“ kennt er nicht. In „Tropa de Elite“ gibt es nur Verlierer. Das Jonglieren zwischen Fiktion und Pseudodokumentation hilft ihm vielmehr, ohne moralischen Zeigefinger die Bilder für sich sprechen zu lassen. Und diese sind streckenweise so unerträglich brutal, dass der Zuschauer selbst seine Schlüsse ziehen kann. Wenn José Padilha etwas vorgehalten werden kann, dann die Hoffnungslosigkeit, die sein Film verbreitet. Denn „Tropa de Elite“ zeigt einen Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt, aus dem es scheinbar keinen Ausweg gibt.
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