ANIMATRIX | The Animatrix
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Chung, Andy Jones, Yoshiaki Kawajiri, Takeshi Koike, Mahiro Maeda, Koji Morimoto, Shinchiro Watanabe
Darsteller:
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 89 Minuten
Genre: Animation
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S


JOSÉ GARCÍA


Bereits zum Kinostart von „Matrix Reloaded“ wurde das Erscheinen einer Sammlung von neun Animations-Kurzfilmen unter dem Oberbegriff „Animatrix“ auf DVD und Video angekündigt. Die meisten dieser jeweils ca. 10minütigen Filme waren allerdings bereits bekannt: seit Februar wurden vier davon nach und nach ins Internet gestellt, darunter die zwei Teile von „The Second Renaissance“, welche vom Krieg der intelligenten Maschinen gegen die Menschen und von der Entstehung der Matrix erzählen. Während George Lucas die Vorgeschichte seiner ursprünglichen „Star Wars-Trilogie“ in drei weiteren Langspielfilmen ausbreitet, beschränken sich die Regisseure Andy und Larry Wachowski auf eine halbe Stunde, um die Entstehung der „Matrix“ zu schildern.

Den Auftakt der „Animatrix“-Sammlung macht „Der letzte Flug der Osiris“ („The Final Flight of the Osiris“), der seit April im Kino als Vorfilm gezeigt wurde und der offiziell als „das Kapitel 1,5 der ‚Matrix‘-Trilogie“ bezeichnet wird, stellt dieser Kurzfilm doch das Bindeglied zwischen Kinofilm eins („Matrix“, 1999) und Kinofilm zwei („Matrix Reloaded“, 2003) dar. Unter den neun „Animatrix“-Beiträgen kommt das Produktionsdesign dieses Kurzfilmes der Ästhetik der beiden „Matrix“-Kinofilme am nächsten. Im Gegensatz zu den Figuren in den anderen Teilen von „Animatrix“ sind die Akteure in „Der letzte Flug der Osiris“ computergenerierte Schauspieler. Unverkennbar ist hier die Handschrift von Andy Jones, dem Animation-Regisseur des komplett am Computer entworfenen Kinofilmes „Final Fantasy – die Mächte in Dir“ (2001). Die Erzählform in diesem ersten „Animatrix“-Beitrag ähnelt ebenfalls der narrativen Struktur beider „Matrix“-Filme am meisten.

Dass sich „Der letzte Flug der Osiris“ von den anderen acht Kurzfilmen ästhetisch wie erzählerisch deutlich unterscheidet, liegt größtenteils daran, dass er der einzige in den Vereinigten Staaten entstandene Kurzfilm ist. Von den anderen acht Teilen der „Animatrix“-Sammlung wurden sieben in Tokio, der letzte („Matriculated“) in Seoul kreiert.

Der klassische japanische Zeichentrickfilm, genannt „Anime“, nahm einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf „Matrix“, insbesondere auf die Kampfszenen. Ein besonderes Interesse galt denn auch der „Matrix“-Rezeption durch die Anime-Spezialisten. Daraus entstand die Zusammenarbeit zwischen Joel Silver und den Wachowski-Brüdern, Produzent und Regisseuren der „Matrix“-Filme, einerseits und den fünf japanischen sowie einem koreanischen Anime-Schöpfern andererseits – folgerichtig verschmilzt der Name der DVD/Video-Sammlung die beiden Begriffe „Anime“ und „Matrix“.

Bei sieben verschiedenen Regisseuren wundert es nicht, dass sich deren Kurzfilme teilweise deutlich voneinander unterscheiden, sowohl zeichnerisch als auch bezüglich der Beziehung zur „Matrix“-Welt. Am engsten sind diese naturgemäß in den vier Beiträgen festzustellen, deren Drehbuch von den Wachowski-Brüdern selbst verfasst wurde (die zwei Teile von „The Second Renaissance“ sowie „Der letzte Flug der Osiris“ und „Kid’s Story“).

In „Kid’s Story“ findet übrigens der Zuschauer den Ursprung einer Figur, die ihm in „Matrix Reloaded“ begegnet. Über die Geschichte der „Matrix“ – oder wenigstens der zwei bisher bekannten Langspielfilme – hinaus weist eigentlich nur der letzte der neun „Animatrix“-Kurzfilme: In „Matriculated“ kann eine kleine Rebellengruppe einen intelligenten Roboter „konvertieren“, damit er sich auf die Seite der Menschen schlägt.

Ob diese Animations-Kurzfilme lediglich das „Matrix“-Sujet aufgreifen oder etwa dessen Thema in einen Film noir übersetzen („Detective Story“): auf jeden Fall stellen sie einen deutliche Erweiterung des „Matrix“-Universums dar. Sie zeigen aber auch auf, wie der Kinofilm „Matrix“ Filmemacher aus verschiedenen Kulturkreisen inspirieren kann. Dadurch stellen sie den „Kultstatus“ des „Matrix“-Universums wieder her, den der zweite Langfilm „Matrix Reloaded“ arg ramponiert hat.
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