HANGTIME – KEIN LEICHTES SPIEL | Hangtime – Kein leichtes Spiel
Filmische Qualität:   
Regie: Wolfgang Groos
Darsteller: Max Kidd, Mišel Maticevic, Ralph Kretschmar, Max Fröhlich, Mirjam Weichselbraun, Veit Stübner, Matthias Grothe, Zach Freeman
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 92 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 10/2009


José García
Foto: 3 L Film

In den Vereinigten Staaten gehört der Sportfilm zu einem regelrechten Filmgenre, in dem der Sport entweder als Folie für die persönliche Entwicklung eingesetzt oder als verbindende Kraft gefeiert wird. Demgegenüber ist im deutschen Kino der Sportfilm eher rar gesät, wenn von Dokumentarfilmen wie „Deutschland. Ein Sommermärchen“ über die Fußball-WM 2006 oder „Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM“ (2007) abgesehen wird. Der Sport als Sinnbild für den (Über-)Lebenskampf stand im Mittelpunkt etwa in „Eine andere Liga“ (siehe Filmarchiv) von Buket Alakus. Alakus’ Film handelte von einer jungen Fußballspielerin, die an Krebs erkrankt. Womit der Sport eigentlich eine Nebenrolle spielt, der Kampf gegen die Krankheit samt Liebesgeschichte aber im Vordergrund steht.

All diese Elemente finden sich in „Hangtime – Kein leichtes Spiel“ wieder. Nach einem Drehbuch von Christian Zubert und Heinrich Hadding erzählt Regisseur Wolfgang Groos von Vinz (Max Kidd), dem Star des Zweitligisten-Basketballvereins Phoenix Hagen. Die Mannschaft steht kurz vor dem Aufstieg in die Bundesliga, Vinz mitten im Abitur. Eine Zeit der Neuorientierung, die im Filmtitel „Hangtime“ zum Ausdruck kommt. Denn die Sekundenbruchteile, in denen sich der Basketballspieler in der Luft befindet, ehe er den Ball wirft, versinnbildlichen auch die Zeit der Ungewissheit, in der Vinz über seine Zukunft nachdenkt.

Dass Vinz das Zeug zum Profi-Basketballer hat, steht außer Frage, wird er schon lange von so genannten Scouts beobachtet. Felsenfest davon überzeugt ist vor allem sein zwölf Jahre älterer Bruder Georg (MiÅ¡el Matičević), der darin die Verwirklichung seines einstigen eigenen Traums sieht. Denn zehn Jahre zuvor stand Georg vor einem solchen Wechsel – er hatte dafür sogar die Schule drangegeben –, als der Unfalltod der Eltern dem Traum ein jähes Ende bereitete. Um den jüngeren Bruder nicht Pflegeeltern zu überlassen, verzichtete Georg auf seine Basketballer-Karriere, und nahm einen Job in einer Druckerei an, von dem Georg und sein Bruder mehr schlecht als recht leben können. Nur verständlich, dass er auf Vinz seine Wunschvorstellung projiziert.

Es fragt sich allerdings, ob Vinz diesen Weg wirklich einschlagen will, oder ob er nicht vielleicht doch andere Pläne hat. Seit einiger Zeit bewirbt er sich von einem Internet-Café aus um ein Sportstipendium, um in einer US-amerikanischen Universität gleichzeitig zu studieren und Basketball zu spielen. Im Café lernt er die neue Aushilfe Kathi (Mirjam Weichselbraun) kennen und lieben. Obwohl sie Vinz auf Anhieb sympathisch findet, hat sie bereits einen festen Freund.

Das Drehbuch zu „Hangtime – Kein leichtes Spiel“ verknüpft die Sport- und Liebesgeschichte mit einem Bruderkonflikt. Für die Spielszenen standen Regisseur Wolfgang Groos Spieler aus dem Kader des Bundesligisten Phoenix Hagen zur Verfügung, in dessen ehemaliger Spielstätte Ischelandhalle auch die Sequenzen der beiden im Film gezeigten Basketballspiele gedreht wurden. Zwar trägt dies zur Authentizität bei. Sie wird jedoch von der gewohnten „spannenden“ Dramaturgie mit Spielen, die in buchstäblich letzter Sekunde gewonnen oder verloren gehen, konterkariert.

Die Filmdramaturgie leidet allerdings mehr darunter, dass Drehbuchautoren und Regisseur zu der Verknüpfung unterschiedlicher Sujets noch weitere Nebenhandlungen eingefügt haben, die eher von der Haupthandlung ablenken. Da ist beispielsweise Vinz’ Freund aus Sandkastenzeiten Ali (Max Fröhlich), der wie Georg in einer Druckerei arbeitet, sich aber für ein unentdecktes Rap-Talent hält. Dessen Idee, für Vinz’ Reise in die Vereinigten Staaten durch das Knacken von Zigarettenautomaten Geld zu besorgen, wird zu einer kleinen Nebenhandlung nebst Versicherungsbetrug ausgebaut.

Obwohl Alis Darsteller Max Fröhlich aus solchen Szenen durchaus humoristisches Kapital schlagen kann, verliert der Film durch solche Nebenschauplätze den Blick auf den Konflikt zwischen den beiden Brüdern aus den Augen. Das Dilemma, in dem sich Vinz befindet – seinem „großen“ Bruder gegenüber, der für ihn seine eigene Lebensplanung über Bord geworfen hatte, verpflichtet zu fühlen, aber gleichzeitig seinen eigenen Lebensweg anders als Georg erhofft in die eigene Hand nehmen zu wollen – hätte für einen versierteren Regisseur genügend dramatisches Potential geliefert.
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