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José GarcÃa Foto: Constantin Roman-Beststeller üben auf Filmproduktionsgesellschaften offenkundig eine solch unwiderstehliche Anziehungskraft aus, dass kein noch so grotesker Inhalt sie davon abhalten kann, den jeweiligen Verkaufsschlager auf die Leinwand zu bringen. So zuletzt Donna Woolfolk Cross` âhistorischerâ Roman âDie Päpstinâ (1996), der unter der Regie von Sönke Wortmann diese Woche im Kino angelaufen ist. âDie Päpstinâ greift eine vom 13. bis zum 15. Jahrhundert verbreitete Legende auf, laut der im 9. Jahrhundert (nach einer anderen Version um das Jahr 1100) eine Frau als Mann verkleidet den Stuhl Petri bestiegen habe. In Sönke Wortmanns Film wird Johanna 814, im Sterbejahr Karls des GroÃen, geboren. Schon ihre Geburt entzürnt ihren Vater (Iain Glen), den verheirateten Priester eines sächsischen Dorfes, der Frauen für minderwertige Wesen hält. Unter seiner Obhut werden nur Jungen unterrichtet, für Mädchen ist Lesen und Schreiben schlichtweg verboten. Doch Johanna (Lotte Flack) schafft es dank der Hilfe eines griechischen Gelehrten namens Aesculapius (Edward Petherbridge), Latein und Griechisch zu beherrschen. Nach der (anachronistischen) Auflehnung gegen ihren Vater gelangt Johanna in die Domschule von Dorstadt, wo sie in die Obhut von Graf Gerold (David Wenham), einem Edelmann am Hofe des den Reizen junger Frauen nicht abgeneigten Bischofs, gegeben wird. Als junge Frau verliebt sich Johanna (Johanna Wokalek) in den verheirateten Edelmann, der allerdings gegen die Normannen in den Krieg ziehen muss. Nach einer weiteren Volte des Drehbuchs trifft Johanna den alles entscheidenden Entschluss: Sie zieht Männerkleider an und begibt sich zum Kloster nach Fulda, wo sie viele Jahre unentdeckt als Mönch und Arzt wirkt und zum Priester geweiht wird. Irgendwann einmal droht ihre wahre Identität aufgedeckt zu werden, weshalb sie aus dem Kloster fliehen muss. Johanna tritt als Bruder Johannes eine Pilgerfahrt nach Rom an, wo sie den an Gicht erkrankten Papst Sergius III. (John Goodman) heilt. In Rom erfährt sie nicht nur die Gunst des Papstes. Dort gibt es auch ein Wiedersehen mit ihrer alten Liebe. Just in dem Moment, in dem Gerold die inzwischen schwangere Johanna aus Rom wegbringen will, wird sie zum Papst gewählt. âDie Päpstinâ erzählt aus einer bis in die Lächerlichkeit plakativen, feministischen Sicht, wobei die Figur des frauenverachtenden Priesters in ihrer Eindimensionalität vollends zur Karikatur wird. Eigenartig in diesem Zusammenhang: Im ganzen Film ist keine einzige Ordensfrau zu sehen, obwohl im deutschsprachigen Raum bereits Benediktinerinnen-Klöster beispielsweise in Frauenwörth am Chiemsee (seit 782) bestanden. Um die Geschichte der modern anmutenden Frau zu erzählen, deren Bildungsdrang sie gegen die Regeln einer patriarchalischen Kirche auflehnen lässt, bedient sich Regisseur Sönke Wortmann einer Ãberdeutlichkeit, die bald die Intelligenz des Zuschauers beleidigt: Jedes Bild wird von den teils bedeutungsschweren, teils unfreiwillig komischen Dialogen (âIhr habt etwas an Euch, das in diesen Mauern fehltâ, sagt etwa der Papst zu Johanna) und darüber hinaus von der allgegenwärtigen Offstimme erläutert. Weil die Handlung und das Produktionsdesign â der Papstpalast besteht aus Marmor und Gold, während die Armen in schmutzigen Hütten hausen â so sehr von Klischees durchzogen, die Rom-Bilder so karikaturhaft, so erkenntlich am Computer erzeugt wurden, drängt sich die Vermutung auf, Regisseur Wortmann wollte die Romanverfilmung als unfrommes Märchen inszenieren. Folgerichtig wurde die noch im Trailer aufgestellte Behauptung, es handele sich um âeine wahre Geschichteâ, aus dem fertigen Film entfernt. Zum historischen Gehalt der Legende stellte Gernot Facius in der âWeltâ vom 20. Oktober fest: âDie Mehrheit der Historiker ist sicher, dass der jetzt startende Film von Sönke Wortmann reine Fiktion ist. Er beruht schlicht auf Legendenâ. Der Sage um eine Päpstin Johanna widmete der Historiker und Autor Michael Hesemann bereits in seinem 2007 erschienenen Buch âDie Dunkelmänner. Mythen, Lügen und Legenden um die Kirchengeschichteâ ein Kapitel. Nachdem Hesemann die zwei Versionen der Legende referiert hat, kommt er zu dem Ergebnis: âEs gibt keinen, wirklich gar keinen Beweis für die Existenz einer Päpstin Johanna.â Der Autor wundert sich allerdings auch, warum diese Sage gerade in feministischen Kreisen besonders verbreitet ist, enthalte sie doch frauenfeindliche Klischees: âDas perfide Weib, das sich nur durch List und Betrug in die Männerwelt einschleicht, dann zum Opfer seiner Wollust wird und schlieÃlich, nach der Enttarnung, die gerechte Strafe erhält: den Tod.â Diesen Widerspruch haben weder die Romanautorin noch die Filmproduzenten oder Regisseur Sönke Wortmann offenkundig begriffen. |
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