GROSSE RENNEN, DAS | The Race
Filmische Qualität:   
Regie: André F. Nebe
Darsteller: Niamh McGirr, Colm Meaney, Susan Lynch, Jonathan Mason, Eoin McAndrew, Ciaran Flynn, Diarmuid Corr, Tom Collins
Land, Jahr: Irland / Deutschland 2009
Laufzeit: 84 Minuten
Genre: Familienfilme
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2009


José García
Foto: farbfilm

Die elfjährige Mary Kensay (Niamh McGirr) hat einen großen Traum: Die technisch Begabte, die später einmal Ingenieurin werden möchte, investiert jede freie Minute in ihre Seifenkiste. Zusammen mit ihrem besten Freund Tom (Jonathan Mason) trainiert sie auf ländlichen Wegen, obwohl sie dafür auch kleinere Unfälle in Kauf nehmen muss. Weil sie auf dem ärmlichen Bauernhof ihrer Eltern mithelfen muss, bleibt ihr für ihr Hobby allerdings kaum Zeit. Als in ihrem Heimatdorf ein echtes Seifenkistenrennen, einschließlich Preisgeld und Pokal, ausgerufen wird, bekommt sie die Chance zu zeigen, was in ihr steckt. Sie hat jedoch gegen eine starke Konkurrenz zu kämpfen. Gerade die reichen Jungs aus der Schule, die Mary und Tom immer wieder hänseln, können es sich leisten, mit teuren Karts an den Start zu gehen. Aber Mary hat sich in den Kopf gesetzt, das Seifenkisten-Rennen zu gewinnen, auch wenn sie zunächst einmal ihren der Idee abgeneigten Vater davon überzeugen muss.

Noch zwei Ereignisse belasten Mary: Seit die Mutter Katey (Susan Lynch) ihren Überdruss am Landleben offen ausspricht, und sich offensichtlich mit einem ehemaligen Liebhaber trifft, hängt der Haussegen schief. Mitten in der Ehekrise reagiert Marys Vater Frank (Colm Meaney) gereizt auf die Rennambitionen seiner Tochter. Zum allen Überfluss muss die Elfjährige den Wegzug ihres Freundes Tom verkraften. Aber in diesem Augenblick erkennt Frank, dass er trotz aller Ehe- und finanziellen Probleme seiner Tochter beistehen soll.

In seinem Spielfilmdebüt erzählt der deutsche Regisseur André F. Nebe ein modernes Märchen in bewusst altmodischer Inszenierung. Zwar könnte an rasante Computerspiele gewohnten Jugendlichen die Seifenkisten-Geschwindigkeit gewiss etwas langsam vorkommen. Der Film bleibt aber stets auf Augenhöhe mit seiner sympathischen Protagonistin.

Die eher unauffällige Filmsprache verbindet in ruhigen Bildern wiedergegebene Landschaftstotalen von der nordirischen Hügellandschaft mit den Nahaufnahmen der Protagonisten, die in ihren Gesichtern die Probleme widerspiegeln. Dadurch erhalten die Schauspieler genügend Raum, um ihre Figuren ohne Klischees mit Leben zu füllen. Regisseur Nebe gelingt es beispielsweise, die Mutter, die aus egoistischen Gründen ihre Tochter im Stich lässt, nicht als rein negativ zu zeichnen. Die größte Entwicklung durchmacht jedoch der Vater, dessen anfängliche Ablehnung von Marys Wünschen sich in Begeisterung für das Rennen wandelt, und dadurch die Liebe zu seiner Tochter unter Beweis stellt. Sowohl Susan Lynch als auch Colm Meaney spielen ihre Rollen mit größter Professionalität.

Kindgerecht bereitet der Film auf, wie Mary die Streitigkeiten ihrer Eltern wahrnimmt, und wie sie darunter leidet. Aber „Das große Rennen“ behandelt ebenso andere gesellschaftlich relevante Themen wie Vorurteile und Mobbing in der Schule, aber auch die Kraft der Freundschaft und vor allem die innere Stärke, die eine Außenseiterin entwickelt, wenn sie an ihre Träume glaubt. Darüber hinaus bietet André F. Nebes Spielfilmdebüt die Möglichkeit, sich mit der klischeehaften Vorstellung auseinander zu setzen, dass Mädchen naturwissenschaftlich und technisch weniger interessiert sind als Jungen.
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