LIEBE MAUER | Liebe Mauer
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Timm
Darsteller: Felicitas Woll, Maxim Mehmet, Anna Fischer, Thomas Thieme, Karl Kranzkowski, Gisela Trowe, Margarita Broich, Waldemar Kobus, Stefan Dietrich, Christian Beyer
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 107 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 11/2009
Auf DVD: 8/2010


José García
Foto: Warner Bros.

Nach etlichen vom Fernsehen ausgestrahlten Dokumentationen und dem TV-Drama „Jenseits der Mauer“ (siehe Filmarchiv) feiert nun das Kino zwanzig Jahre Mauerfall mit einer deutsch-deutschen Liebeskomödie mit politischen Verwicklungen.

Im Herbst 1989 zieht Franzi Schubert (Felicitas Woll) von Westdeutschland nach Berlin, um ein Studium zu beginnen. Ihre Tante (Margarita Broich) hat ihr eine Wohnung direkt an der Sektorengrenze besorgt, weil sie besonders billig ist. Einen weiteren Ortsvorteil erfährt Franzi bald vom Nachbarn (Waldemar Kobus): Trotz Zwangsumtauschs gestaltet sich der Einkauf auf der anderen Seite der Mauer äußerst vorteilhaft.

Nach einer solchen Einkaufstour passiert Franzi eines Tages schwer bepackt die Sektorengrenze, als die Papiertüte reißt und der ganze Inhalt auf dem Asphalt landet. Spontan eilt ihr NVA-Grenzsoldat Sascha (Maxim Mehmet), der auf die neue Nachbarin bereits ein Auge geworfen hatte, zur Hilfe. Dafür muss er sich allerdings unter dem Schlagbaum hindurchbücken, der die deutsch-deutsche Grenze markiert. Plötzlich sieht Sascha die Gewehrläufe seiner Kameraden auf sich gerichtet, die den „Republikflüchtigen“ eindeutig auffordern, auf DDR-Gebiet zurückzukehren.

Die deutsch-deutsche Annährung zeitigt Folgen: Franzi ist vom Mut des Grenzsoldaten gerührt, Sascha sofort verliebt. Allerdings bekommt er es zunächst mit Stasi-Major Kutzner (Thomas Thieme) zu tun, der ihm eine Verwarnung erteilt. Sascha lässt sich jedoch nicht beirren und arrangiert ein Treffen mit Franzi am Alexander Platz, bei dem sie von einem tölpelhaften Stasi-Beamten observiert werden.

Sascha und Franzi schaffen es, sich wieder zu treffen. Auf einmal ist aber auch die Stasi daran interessiert, denn Major Kutzner will die Chance nutzen, um Franzi auszuspionieren. Als Franzi und Saschas Kindergarten-Freundin Uschi (Anna Fischer) die Kleider wechseln, damit Franzi über Nacht in Ostberlin und Uschi mit Franzis Ausweis in den Westteil der Stadt gehen kann, entsteht eine typische Verwechslungskomödie, allerdings mit Spionage-Untertöten. Denn im Westen sind ebenfalls CIA und bundesdeutscher Staatsschutz auf das deutsch-deutsche Liebespaar aufmerksam geworden, wodurch allerdings „Liebe Mauer“ zu einer unglaubwürdigen Burleske wird.

Die Stärken des Films von Drehbuchautor und Regisseur Peter Timm, der selbst aus Ost-Berlin stammt, liegen indes in den Nebenfiguren. Da ist zunächst einmal der Stasi-Offizier, den Hans Thieme trotz komödiantischer Züge mit gewissen, intriganten Anklängen an seine Rolle des DDR-Ministers in Florian Henckel von Donnersmarcks „Das Leben der Anderen“ anlegt. Dies gilt aber auch für Saschas Vater (Karl Kranzkowski), der zunächst uneingeschränkt für das DDR-Regime eintritt, im Laufe der Zeit aber erkennt, dass auch er vom System ausgenutzt wird, sowie für dessen Mutter, Saschas Oma Emma (Gisela Trowe), die in ihrer Plattenwohnung mit einem Wellensittich Hansi lebt.

Besonders differenziert zeichnet „Liebe Mauer“ die Figur der Kellnerin Charlie (Katja Danowski), die mit Kratzbürstigkeit ihre Unzufriedenheit kaschiert. Denn sie zeigt die Kehrseite der „Republikflucht“: Sie muss die Arbeit der in Richtung Ungarn verschwundenen Kollegen übernehmen. Besonders schlimm: Auch ihr Freund hat sich in Richtung Westen verabschiedet.

Neben diesen Figuren sind es einige Details am Rande, die zur Atmosphäre beitragen, von den West-Jeans und der Rockmusik, mit denen die Jugend die Opposition zum DDR-Regime zeigt, bis zur Mahnwache vor einer „wegen Baufälligkeit“ geschlossenen Kirche, neben der Franzi und Sascha Kerzen anzünden, sowie der spontanen Protestkundgebung, in die sie geraten.

Diese ernsthaften Untertöne halten sich mit den komödiantischen Elementen die Waage. Obwohl „Liebe Mauer“ weder die melancholische Stimmung von „Good Bye, Lenin!“ noch die atmosphärische Dichte vom „Leben der Anderen“ erreicht, bietet Peter Timms Film eine teils vergnügliche, teils nachdenkliche Sicht auf ein gottlob vergangenes Kapitel deutsch-deutscher Geschichte. Wenn sich nach der Maueröffnung manch ein Erzählstrang sein „Happy End“ findet, dann lässt „Liebe Mauer“ das Glücksgefühl der „Nächte der Freiheit“ wieder aufleben.
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