12 METER OHNE KOPF | 12 Meter ohne Kopf
Filmische Qualität:   
Regie: Sven Taddicken
Darsteller: Ronald Zehrfeld, Matthias Schweighöfer, Jana Pallaske, Milan Peschel, Devid Striesow, Franziska Wulf, Hinnerk Schönemann, Oliver Bröcker
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 102 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 12/2009
Auf DVD: 8/2010


José García
Foto: Warner Bros.

Um Klaus Störtebeker ranken sich unterschiedliche Legenden, wie es sich für einen echten Freibeuter gehört. Aber keine ist so berühmt wie die, die Regisseur Sven Taddicken als Filmtitel für seinen „12 Meter ohne Kopf“ ausgewählt hat. Dem „Robin Hood der Meere“ soll der Stadtrat von Hamburg bei seiner Hinrichtung 1401 die Gnade gewährt haben, diejenigen seiner Kumpane am Leben zu lassen, an denen er nach seiner Enthauptung vorbeigehen könne.

Wenn „12 Meter ohne Kopf“ laut Einblendung „die wahre Geschichte von Klaus Störtebeker“ erzählen soll, heißt das ja nicht, dass es sich um einen historischen Film handelt, der etwa in den Ursprung von Klaus Störtebeker oder in seine Beteiligung an den Kämpfen zwischen dem mecklenburgischen Herzogshaus, Schweden und Dänemark Licht bringen könnte. Vielmehr geht es Sven Taddicken darum, „einen ehrlichen, norddeutschen Piratenfilm zu drehen, in dem es nicht nur um Freiheit und Abenteuer geht, sondern auch um die Geschichte einer großen Freundschaft“.

Das Drehbuch von Matthias Pacht und Sven Taddicken setzt bei der Hinrichtung im Jahr 1401 ein, als auf dem Hamburger Grasbrook eine aufgebrachte Masse den Kopf des gefangenen Piraten fordert. Die Kapuze, die sein Gesicht verhüllt, wird zurückgeworfen. Ein Schrei: „Das ist nicht Störtebeker!“ Daraufhin macht der Film einen Sprung in die Vergangenheit: „Ein Jahr zuvor“, heißt es als Zwischentitel, einer inzwischen weit verbreiteten Erzählstruktur folgend.

Vor den Freunden Klaus Störtebeker (Ronald Zehrfeld) und Gödeke Michels (Matthias Schweighöfer) ist in der Nord- und Ostsee kein Schiff und erst recht keine Kogge der Hanse sicher. Insbesondere die „Pfeffersäcke“ liefern den freiheitsliebenden Piraten fette Beute. Denn gegen den versierten Seemann Störtebeker, der einen siebten Sinn für den Wind zu haben scheint, und den kampflustigen, heißblütigen Michels haben die biederen Kaufleute gar keine Chance.

Bei einem Gefecht setzt sich Störtebeker allerdings leichtsinnig einer Attacke aus, und kann dem Tod nur knapp entrinnen. Der furchtlose Pirat wird von einem neuen Gefühl heimgesucht: Er hat plötzlich Angst vor dem Meer, und flüchtet sich unter Deck. Michels versucht, ihn wieder aufzupäppeln. Irgendwann einmal überwindet Störtebeker seine Zweifel, und es geht wieder auf Beutefang, nachdem der Fund einer geheimnisvollen Wunderwaffe die Stimmung hebt und die Freunde wieder zusammenschweißt. Die Hanse ist in der Zwischenzeit freilich nicht untätig geblieben: Simon von Utrecht (Devid Striesow) setzt die Kopfgeldjäger Lange (Alexander Scheer) und Schocke (Milan Peschel) darauf an, das Geheimnis des Erfolgs von Störtebeker herauszufinden.

In seiner Neuinterpretation verarbeitet „12 Meter ohne Kopf“ etliche Elemente der Störtebeker-Legende, allen voran den Hass auf die Hanse-„Pfeffersäcke“, aber etwa auch das Prinzip der Gleichteilung der Beute. Das eigentliche Herzstück des Filmes bildet jedoch die Freundschaft zwischen Klaus Störtebeker und Gödeke Michels, so dass Taddickens Film neudeutsch als „Buddy-(Tragi-)Komödie“ bezeichnet werden kann.

In den Film findet darüber hinaus auch Romantik in den Liebesgeschichten zwischen Klaus und der alleinerziehenden Bille (Franziska Wulf) beziehungsweise zwischen Gödeke und Okka (Jana Pallaske), die allerdings ein entgegengesetztes Ende erfahren, sowie eine gute Portion Humor Eingang.

Obwohl die psychologisierende Sicht der Zweifel Störtebekers, die an den von Robert de Niro dargestellten, beim Psychiater Rat suchenden Gangster in „Reine Nervensache“ (Harold Ramis, 1999) denken lässt, den Filmrhythmus deutlich beeinträchtigt, überzeugt „12 Meter ohne Kopf“ durch sein ungewöhnliches Konzept.

Denn die detailgenaue Ausstattung und die klassische Kameraführung mit bestechenden Kamerafahrten bei den See- und namentlich bei den Kaperszenen wird mit einer betont fetzigen, zeitgenössischen Musik und einer nicht minder modernen („Wir mischen den Ozean auf, machen alle platt“, „Ihr habt null Plan und Klaus ist durch den Wind“), teilweise demonstrativ vulgären Sprache verknüpft. Alles in allem liefert „12 Meter ohne Kopf“ ein gutes Beispiel, wie ein klassischer Stoff in einem modernen Gewand alles andere als verstaubt wirkt.
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