SHERLOCK HOLMES | Sherlock Holmes
Filmische Qualität:   
Regie: Guy Ritchie
Darsteller: Robert Downey Jr., Jude Law, Rachel McAdams, Mark Strong, Kelly Reilly, Eddie Marsan, James Fox, Hans Matheson, William Hope, Bronagh Gallagher
Land, Jahr: Großbritannien / Australien / USA 2009
Laufzeit: 128 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 1/2010
Auf DVD: 5/2010


José García
Foto: Warner Bros.

Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) hat sich seine bekannteste Figur „Sherlock Holmes“ so wohl kaum vorgestellt: Bereits in der Eingangssequenz schlägt Holmes (Robert Downey Jr.) ein paar finstere Gestalten in einem nicht minder finsteren Verlies nieder, ohne mit der Wimper zu zucken. In Guy Ritchies Spielfilm „Sherlock Holmes“ wird der wohl berühmteste Detektiv aller Zeiten noch reichlich Gelegenheit haben, seine körperliche Schlagkraft unter Beweis zu stellen. Unterstützt wird der „beratende Detektiv“ aus der Londoner Baker Street Nr. 221B selbstverständlich vom ebenfalls als Actionheld auftretenden Doktor Watson (Jude Law).

Mit ihrem Einschreiten gelingt es Sherlock Holmes und Dr. Watson, nach einer Serie brutaler Ritualmorde ein weiteres Opfer zu retten und den Mörder zu stellen: Es handelt sich um Lord Blackwood (Mark Strong), der keinerlei Reue zeigt. Der Bösewicht wird zum Tode verurteilt, aber das bringt ihn gar nicht aus der Fassung. Ganz im Gegenteil: Er terrorisiert seine Mitgefangenen und Wärter damit, dass er offenbar mit übernatürlichen Mächten im Bunde steht. Blackwood eröffnet Holmes außerdem, dass sein Tod zu seinem Plan gehört. Wenig später ist tatsächlich sein Grab von innen heraus nach außen gesprengt, in Blackwoods Sarg liegt ein unbekannter Toter. Immerhin kann der Detektiv eine Fährte verfolgen, in die auch Holmes’ Bekannte, die undurchdringliche Irene Adler (Rachel Mc Adams), verwickelt ist.

Die Drehbuchautoren Anthony Peckham, Simon Kinberg und Michael Robert Johnson liefern eine unübersichtliche Story mit schnellen Actionszenen an unterschiedlichen Schauplätzen, die den Einfluss der „Bourne“- und der letzten „James Bond“-Filme („Casino Royale“, 2006 und „Ein Quantum Trost“, 2008) deutlich erkennen lässt. Regisseur Guy Ritchie setzt dies in eine eigenwillige Mischung aus Superzeitlupe und schnell geschnittenen Sequenzen um, die darüber hinaus an das inzwischen berühmten „Bullet Time“-Konzept des Spielfilms „Matrix“ (1999) erinnert. Der Nebenstrang um okkulte Rituale und Bruderschaften nimmt sich darüber hinaus wie eine Parodie auf Dan Browns Romane und Verfilmungen aus.

In seiner Inszenierung motzt Regisseur Ritchie das viktorianische London mit am Computer erstellen Stadtlandschaften auf, die allerdings oft allzu künstlich wirken. Viel stimmungsvoller geraten ihm demgegenüber die Szenen in der Londoner Unterwelt. Ebenso geglückt ist dem Regisseur die Verknüpfung von Action und Humor, der sich teilweise im Visuellen, vorwiegend aber in witzigen Dialogen und Kommentaren ausdrückt. Auf der Tonebene begeistert nicht nur die Tonmischung, sondern insbesondere auch die Filmmusik von Hans Zimmer, die sich nur selten überladen ausnimmt, meistens aber die Handlung vorantreibt.

Gelungen ist Guy Ritchie insbesondere jedoch die Charakterzeichnung der Haupt-, aber auch einer Vielzahl von Nebenfiguren, von Lord Blackwood und Irene Adler über Inspector Lestrade (Eddie Marsan) und Constable Clark (William Houston) bis zur Verlobten Dr. Watsons Mary Morstan (Kelly Reilly). Dies betrifft namentlich jedoch vor allem den Hauptcharakter Sherlock Holmes. Auf den ersten Blick scheint zwar der ungepflegte, boxende und sich in der Halbwelt sichtlich wohlfühlende Film-Holmes mit dem dandyhaften, mit kariertem Hut und Mantel adrett angezogenen, mit Lupe und Pfeife ausgestatteten Sherlock Holmes aus den Romanen von Sir Arthur Conan Doyle wenig gemeinsam zu haben. Doch der Schein trügt: Selbst die Holmes-Requisite Lupe und Pfeife werden hier zwar dezent, aber doch immer wieder eingesetzt. Geraucht wird die Pfeife zwar kaum – in einem zeitgenössischen Film rauchen ohnehin nur die Schurken –, aber sie wird sogar an einer Stelle dramaturgisch sinnvoll eingesetzt. Vor allem jedoch zeichnet sich der Film-Holmes wie sein literarisches Vorbild durch eine unerschöpfliche Kombinationsgabe, durch seinen scharfen Verstand aus, der aus winzig kleinen Indizien ganze kriminologische Schlussfolgerungen zieht.

Guy Ritchies Sherlock Holmes kann denn auch trotz teils verworrener Handlung als modernisierte Version der klassischen Romanfigur, sein Film als gelungene Mischung aus Action- und Detektivfilm bezeichnet werden.

In der deutschen Synchronfassung von „Sherlock Holmes“ kommt der Zuschauer außerdem in den Genuss von Mark Strongs „deutscher Stimme“ Tom Vogt, der seine wunderbare, gegenüber seinen früheren Arbeiten (etwa als Synchronsprecher von Lawrence Fishburne in „Matrix“ sowie von Clive Owen in „Inside Man“) noch eine Spur dunkler gewordene Klangfarbe als weiteres filmisches Stilmittel einsetzt.
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