THE BOOK OF ELI | The Book of Eli
Filmische Qualität:   
Regie: Albert Hughes, Allen Hughes
Darsteller: Denzel Washington, Gary Oldman, Mila Kunis, Jennifer Beals, Ray Stevenson, Tom Waits, Malcolm McDowell, Michael Gambon, Frances de la Tour, Joe Pingue
Land, Jahr: USA 2010
Laufzeit: 118 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G +++
im Kino: 2/2010
Auf DVD: 7/2010


José García
Foto: Tobis

Postapokalyptische Szenarien stellen den Hintergrund für überaus unterschiedliche Spielfilme dar. Grundtenor: Eine Katastrophe globalen Ausmaßes hat so gut wie alles menschliche Leben auf der Erde vernichtet. Die Frage, die sich die Überlebenden mehr oder weniger ausdrücklich stellen, lautet: Lohnt es sich, eine neue menschliche Zivilisation überhaupt aufzubauen, beziehungsweise die untergegangene wiederherzustellen? Die ethisch-politischen Konnotationen der Suche nach tragfähigen Grundlagen für eine menschliche Zivilisation liegen auf der Hand.

Im nun anlaufenden Spielfilm „The Book of Eli“ zeigen die Regisseur-Zwillingsbrüder Allen und Albert Hughes nach einem Drehbuch von Gary Whitta ein solches postapokalyptisches Szenario mit visueller Eindringlichkeit: In einem Wald, in dem es eine Art Asche dauernd regnet, schreitet ein Man mit Atemschutzmaske und einem Pfeil zur Tat. Plötzlich schießt der Pfeil in Zeitlupe auf eine abgemagerte Wildkatze. Der Mann hat gerade sein Abendessen besorgt, das er dann in einer Hausruine mit einer Ratte teilen wird.

Tags darauf macht sich dieser schwerbewaffnete, mit grünem Parker, Palästinenser-Tuch und Sonnenbrille ausgestattete, allerdings nicht mehr junge Mann namens Eli (Denzel Washington) auf den Weg durch eine verwüstete Endzeit-Landschaft. Als der Einzelgänger unterwegs von einer marodierenden Bande angegriffen wird, stellt er seine Meisterschaft im Nahkampf unter Beweis. Offensichtlich verrohte, versprengte Gruppen kämpfen mit allen Mitteln ums eigene Überleben: Die Menschen töten sich gegenseitig für etwas, was sie früher weggeworfen haben.

Es ist das Jahr 2044, dreißig Jahre nach der Apokalypse. Nun leben wenige Menschen, die älter als 30 sind – einer davon ist dieser Eli, der mit einem kostbaren Schatz seit Jahren durch das, was von den Vereinigten Staaten übrig geblieben ist – Ruinen einstmals pulsierender Städte und mit Autowracks übersäte, zerstörte Autobahnen – unaufhörlich in Richtung Westen wandert. In einer Art Endzeit-Western-Stadt macht Eli Bekanntschaft mit einem weiteren „Alten“: Carnegie (Gary Oldman) führt hier ein straffes Regiment. Er ist der Alleinherrscher einer auf Angst und Gewalt basierenden neuen Gesellschaftsordnung. Für die Errichtung seiner despotischen Weltordnung braucht er ausgerechnet das Buch, das von Eli behütet wird. Zwar gelingt Eli zunächst die Flucht zusammen mit Carnegies Stieftochter Solara (Mila Kunis), aber im Hause eines verschrobenen, alten Ehepaars werden Eli und Solara von ihren Verfolgern eingeholt.

Die Hughes-Brüder entwerfen eine düstere Zukunftswelt, in die verschiedene Kinogenres, etwa der Western- oder der Science-Fiction-Film, Eingang finden. Kameramann Don Burgess liefert verwaschene, an Comics erinnernde Bilder, die von der archaisch anmutenden Filmmusik von Atticus Ross kongenial unterstützt werden.

Im Gegensatz zu anderen Filmen des Genres verwendet „The Book of Eli“ keine Rückblenden, um zu verdeutlichen, wie es zur Katastrophe kam. Mit einem ausgesprochenen Gespür für Tempo enthüllt der Film jedoch nach und nach einige Informationen, die vor allem in der Aussage gipfeln, die meisten Menschen hätten in der Bibel die Ursachen des Krieges gesehen. Deswegen haben sie versucht, alle Exemplare zu verbrennen.

Der Zustand der Welt straft indes dreißig Jahre später die Einschätzung eindrücklich Lügen: Ohne die Bibel, ohne den Glauben an eine transzendente Welt sind die Menschen zu Bestien geworden. Das Außerordentliche an „The Book of Eli“ liegt gerade darin, dass nicht irgendwelche Gutmenschen in der Lage sind, die menschliche Zivilisation wiederherzustellen. Dafür benötigt der Mensch etwas, was über seine Kräfte und Fähigkeit hinausgeht. Und das findet er nur in der Bibel. Deswegen wandert Eli seit 30 Jahren ohne Unterlass in Richtung Westen. Denn hier, in der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz, wird der Kern einer neuen Zivilisation aufgebaut.

Dass das Regisseurduo es damit ernst meint, beweisen viele Aussagen von „The Book of Eli“, nicht zuletzt Elis Lebensweisheit, die er der Bibel entnommen hat: Dass es im Leben darauf ankommt, mehr für andere zu tun als für sich selbst. Ebenso ernst zu nehmen sind denn auch die Worte des Apostels Paulus („Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten“), die am Ende des Filmes als Zusammenfassung von Elis Leben stehen. Angesichts der nachdenkenswerten Ansätze, die „The Book of Eli“ bietet, befremdet es allerdings um so mehr, dass sich Allen und Albert Hughes einer übermäßigen, über weite Strecken allzu realistischen „Martial Arts“-Gewalt bedienen, die bei vielen Zuschauern eher Widerwillen erzeugt.
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