DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT | How to Train Your Dragon
Filmische Qualität:   
Regie: Chris Sanders, Dean DeBlois
Darsteller: (dt. Stimmen): Dominic Raacke, Daniel Axt, Emilia Schüle
Land, Jahr: USA 2010
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Animation
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 3/2010
Auf DVD: 10/2010


José García
Foto: Paramount

Im Wettbewerb zwischen den zwei größten Animationsschmieden „Pixar“ und „DreamWorks“ zeichnet sich „Pixar“ dadurch aus, dass in deren Filmen bei aller technischen Perfektion stets die Handlung und die Charaktere im Mittelpunkt stehen. Demgegenüber verlegte sich Jeffrey Katzenbergs „DreamWorks“ bei der Entwicklung ihrer Filme allzu häufig auf eine Handlung, die größtenteils in Anspielungen auf bekannte Spielfilme bestand. So zuletzt in „Monsters vs. Aliens“ (2009), der sogenannte „Science-Fiction-B-Filme“ aus den 1950er Jahren ungeniert zitiert.

Beim neuen, im deutschen Kino nun anlaufenden „DreamWorks“-Animationsfilm „Drachenzähmen leicht gemacht“ („How to Train Your Dragon“) misst Katzenbergs Firma der Handlung eine größere Bedeutung bei. Einerseits basiert das von Will Davies sowie den Regisseuren Dean DeBlois und Chris Sanders verfasste Drehbuch auf der Buchreihe der britischen Autorin Cressida Cowell, was sich in einer deutlich größeren Tiefe der Figuren niederschlägt. Andererseits führen bei „Drachenzähmen leicht gemacht“ mit Dean DeBlois und Chris Sanders die Autoren und Regisseure eines der originellsten Animationsfilme der letzten Jahre „Lilo & Stitch“ (2002) Regie.

Im Mittelpunkt von „Drachenzähmen leicht gemacht“ steht der schmächtige Teenager Hicks, der auf der kleinen Wikinger-Insel Berk lebt. Gerne würde er bei der vornehmsten Aufgabe seines Wikinger-Stammes mithelfen, der Verteidigung gegen die permanente Bedrohung durch Drachen. Aber Hicks ist nicht besonders geschickt im Umgang mit Waffen, sehr zum Leidwesen seines Vaters, des mächtigen Oberhauptes der Berk-Wikinger Haudrauf „Der Stoische“. Auch gegenüber der von ihm sowie von den anderen Wikinger-Jungs angehimmelten Kämpferin Astrid hat Hicks damit einen schweren Stand.

Die Chance, sowohl bei seinem Vater als auch bei Astrid zu punkten, bietet sich Hicks bei einem Überraschungsangriff wilder Drachen. In einem unbeobachteten Augenblick schafft es der clevere Hicks, einen „Nachtschatten“ vom Himmel zu holen. Der Nachtschatten wird von den Wikingern zu den gefährlichsten Drachen gezählt, weil er für deren Augen so gut wie unsichtbar ist, so dass er nahezu aus dem Nichts angreifen kann. Als aber der schmächtige Tüftler den flugunfähigen Drachen erblickt, bringt er es nicht übers Herz, ihn umzubringen. Stattdessen nähern sich langsam die beiden an, bis die vermeintlichen Feinde dicke Freunde werden. Hicks nennt das schöne Tier „Ohnezahn“. Auf dessen Rücken reitend lernt der Wikingerjunge die Welt mit neuen Augen zu sehen. Damit gerät Hicks aber in einen Konflikt. Denn in der Drachenschule soll er im Kampf gegen die Todfeinde der Wikinger unterrichtet werden.

Obwohl der Nachtschatten Ohnezahn eine gewisse Ähnlichkeit mit dem gutmütigen Alien Stitch aus Dean DeBlois’ und Chris Sanders’ „Lilo & Stitch“ nicht leugnen kann, und sich die Freundschaft zwischen Mitgliedern verfeindeter Gruppen nicht gerade originell ausnimmt, überzeugt „Drachenzähmen leicht gemacht“ nicht nur durch die Animation und die in 3D besonders deutlich werdende Tiefenwirkung. In der dreidimensionalen Projektion kommen etwa die Drachenflüge besonders zur Geltung, wobei die Kameraführung durch diesen tiefen Raum etwa der in „Avatar“ in nichts nachsteht.

Besondere Originalität verwenden die Filmemacher auf die Ausgestaltung der unterschiedlichen Drachenarten: Vom nilpferdartigen „Gronckel“ über den farbenprächtigen „Todlichen Nadder“, den zweiköpfigen „Wahnsinnigen Zipper“ und den winzigen „Schrecklichen Schrecken“ bis zum echt drachenmäßigen „Riesenhaften Alptraum“ hat jede Spezies ihre Eigenheiten. Aber auch auf die Zeichnung menschlicher Figuren, auf deren Gesten und Mimik, wurde mit großer Liebe zum Detail viel Sorgfalt angewandt.

Im Gegensatz zu den wohl bekanntesten DreamWorks-Filmen, der inzwischen aus drei Folgen bestehenden „Shrek“-Filmreihe, die sich wegen der Anspielungen auf etliche Spielfilme und vor allem wegen ihrer allgegenwärtigen Ironie eher an ein erwachsenes Publikum wendet, richtet sich „Drachenzähmen leicht gemacht“ ganz eindeutig auf die jüngeren, wenn auch nicht die jüngsten, Zuschauer.

Die kindgerecht erzählte Geschichte des Außenseiters, der seine Ängste und jahrhundertealte Vorurteile überwindet, berührt allerdings darüber hinaus ebenfalls Erwachsene. Die sprudelnde Originalität der „Pixar“-Drehbücher mag „Drachenzähmen leicht gemacht“ zwar nicht erreichen, aber mit dem Animationsfilm von Dean DeBlois und Chris Sanders hat DreamWorks einen gewaltigen Schritt in diese Richtung getan.
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