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José GarcÃa Foto: X-Verleih Der Regisseur Dani Levy liebt offenbar die Provokation. Seinen letzten Film, die Hitler-Parodie mit dem Titel âMein Führer. Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitlerâ (siehe Filmarchiv), verstand er als âsubversive Antwortâ auf Oliver Hirschbiegels âDer Untergangâ (siehe Filmarchiv). Ausgerechnet ein inzwischen im KZ Sachsenhausen inhaftierter jüdischer Darsteller sollte in einem zutiefst depressiven Adolf Hitler die alte Rede-Kampfeslust wieder erwecken. Levys neuer, nun im regulären Kinoprogramm anlaufender Spielfilm âDas Leben ist zu langâ enthält die Provokation gleichsam im Titel. Denn welcher Zeitgenosse würde in einer sich immer schneller beschleunigenden Gesellschaft behaupten, das Leben sei zu lang? Provozieren möchte Levy offenbar darüber hinaus mit lustig-tiefsinnigen Aussagen wie âIch bin Jude, sogar Vierteljudeâ, besonders aber mit der allerdings kaum originellen Entlarvung des Fernsehbetriebs als bloÃe Geldmacherei und mit einer ebenfalls nicht wirklich neuen Kritik an der Selbstbezüglichkeit der Filmwelt. Zu lang findet das Leben allerdings Alfi Seliger (Markus Hering), denn der jüdische Filmemacher und notorische Hypochonder steckt in einer tief sitzenden Lebenskrise: Seine pubertierenden Kinder Romy (Hannah Levy) und Alain (David Schlichter) finden ihn einfach nur lächerlich, seine Ehefrau Helena (Meret Becker) fühlt sich mehr zu ihrem Kollegen Johannes (Justus von Dohnányi) als zu ihrem Mann hingezogen. Zu allem Ãberfluss geht seine Bank insolvent, und sein neues Filmprojekt, eine Komödie über den dänisch-islamischen Karikaturenskandal, in die er fünf Jahre seines Lebens investiert hat, scheint niemand zu interessieren â was Dani Levy durch Alfis unerwiderte Anschlussversuche während einer Party verdeutlicht. Denn dort servieren den sich anbiedernden Alfi in Gastauftritten Michael âBullyâ Herbig und Katja Riemann glattweg ab. Der Party-Gastgeber, ein Produzentenmogul (Hans Hollmann), hält Alfi zunächst nur hin, lässt sich jedoch von seiner russischen Frau Natasha (Veronica Ferres), der am Autor Gefallen findet und sich nebenbei eine Rolle im Film erhofft, sowie von seiner ehemaligen Geliebten und Alfis Mutter (Elke Sommer) umstimmen. Der steinreiche Produzent bietet dem Autor also doch noch einen Vertrag an (als Hauptdarsteller kommen in Frage âBully oder Jürgen Vogel, Til Schweiger lieber nicht!â), verfolgt allerdings in Wahrheit eigene, im Kleingedruckten versteckte Ziele, nämlich Alfis Stoff zu einem TV-Mehrteiler für RTL umschreiben zu lassen. Der Autor wittert eine Verschwörung, muss auÃerdem einen Darmkrebs besiegen und seine Frau zurückerobern. Als ihm selbst sein Psychiater (Udo Kier) rät, seinem Leben ein Ende zu machen, versucht Alfi Seliger einen theatralischen Abgang in einem Hotelzimmer. Aber selbst das misslingt ihm: Alfi wacht scheinbar in seinem alten Leben auf, allerdings mit der Erkenntnis, lediglich die Figur eines Autoren zu sein. Der liebenswerte Versager macht sich auf, den realen Regisseur Dani Levy aufzusuchen und ihn zur Rede zu stellen. Dani Levys âDas Leben ist zu langâ erinnert unweigerlich an die Filme Woody Allens, nicht nur weil der Name der Hauptfigur Alfi Seliger ähnlich klingt wie Alvy Singer (âDer Stadtneurotikerâ, 1977) oder wie der von Anthony Hopkins gespielte Hauptcharakter âAlfieâ im noch nicht in Deutschland angelaufenen Woody-Allen-Film âYou Will Meet a Tall Dark Strangerâ (2010). Der deutsche Regisseur zitiert den New Yorker Regie-Altmeister regelrecht, etwa in den wohlmeinenden Ratschlägen, die Alfi Seliger immer wieder zu hören bekommt (âMachen Sie versöhnliche Komödienâ), die sich bereits der von Woody Allen selbst gespielte Komödien-Regisseur in dessen Film âStardust Memoriesâ (1980) anhören musste, oder mit dem âWahrheitsserumâ, das unübersehbare Anklänge an das von einem chinesischen Arzt gemischte Wundermittel in Woody Allens âAliceâ (1990) besitzt. Darüber hinaus scheint der âUnglücksrabeâ Alfi Seliger einem Woody Allen-Film aus den siebziger und achtziger Jahren entsprungen zu sein. Hätte es Dani Levy bei dieser Woody-Allen-Hommage bewenden lassen, wäre ihm eine kurzweilige Komödie gelungen. Die Wendung, die âDas Leben ist zu langâ nach Alfis Selbstmordversuch nimmt, in der es um die durchlässige Grenze zwischen dem realen Leben und dem Leben als Kunstfigur oder auch zwischen Schein und Sein geht, gerät jedoch vollends aus den Fugen. Die angebliche Parodie auf den Fernsehbetrieb (auch dies ein roter Faden in den früheren Woody-Allen-Filmen) wird zur Plattitüde (âWir machen hier kein Kinoâ), die angeblich philosophischen Fragen gehen im selbstbezüglichen Slapstick unter. Dem Zuschauer drängt sich der Eindruck auf, nicht das Leben, sondern Dani Levys Film sei viel zu lang. |
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