|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: farbfilm Angesichts des Aufschwungs, den der Dokumentarfilm seit etwa sechs oder sieben Jahren erfährt, kann man sich als Zuschauer mit Fug und Recht fragen, ob wirklich all diese Filme ins Kino gehören oder sie nicht vielmehr im Fernsehen besser aufgehoben wären. Zu den Kriterien, die für die âKinotauglichkeitâ sprechen, gehört die Kameraarbeit wesentlich dazu: kinotaugliche Bilder muss der Film selbstverständlich liefern. Dazu zählen ebenso eine kinogerechte Tonspur und insbesondere die Filmmusik. Wichtiger als Bilder und Ton nimmt sich jedoch das dritte, das narrative Element eines Filmes aus. Ob sich ein Film tatsächlich fürs Kino eignet, entscheidet letztendlich die Dramaturgie mit deren Haupt- und Nebenhandlungen. Mit dem in Oslo auf dem EURODOK Filmfestival des norwegischen Filminstituts mit dem Ehrenpreis der Jury ausgezeichneten âPianomaniaâ startet nun ein Dokumentarfilm im regulären Kinoprogramm, der eine solide Dramaturgie aufweist. Im Mittelpunkt des Filmes von Lilian Franck und Robert Cibis steht der aus Hamburg stammende Stefan Knüpfer, Cheftechniker und Meisterstimmer von Steinway & Sons Austria in Wien. Den Hauptstrang der Handlung von âPianomaniaâ stellt die Aufnahme für Bachs âDie Kunst der Fugeâ im Wiener Konzerthaus durch Pierre-Laurent Aimard dar, die schlussendlich 2009 im Rahmen des âPreises der deutschen Schallplattenkritikâ mit der Ehrenurkunde âInterpreten des Bereichs Klassikâ ausgezeichnet werden sollte. âPianomaniaâ beginnt ein Jahr vor der Aufnahme mit einem Treffen zwischen Knüpfer und Aimard, bei dem es um die Entscheidung für den bestmöglichen Konzertflügel geht. Der Pianist bevorzugt das nach der Produktionsnummer genannte Klavier Nr. 109. Leider fällt es aber aus, weil dieses Klavier demnächst nach Australien verkauft werden soll. Da die zwei anderen von Stefan Knüpfer vorgeschlagenen Musikinstrumente nicht Aimards Zustimmung finden (âDer Ton atmet nichtâ, findet der Pianist), begleitet der Film den Meisterstimmer nach Hamburg, wo er sich für Klavier Nr. 245 entscheidet. Allerdings stehen die Feinabstimmungen noch an. Denn je nach Stück soll das Instrument Nr. 245 den Klang eines Clavichords oder Cembalos beziehungsweise einer Orgel nachahmen. Für Knüpfer bedeutet das, dass der Meisterstimmer allerlei Kniffe ausprobieren und auch andere Spezialisten konsultieren muss. So beobachtet âPianomaniaâ Knüpfers durchaus spannende Arbeit am perfekten Klang â vom Inneren des Instrumentes bis nach AuÃen, in den vollen Konzertsaal. Mit dieser ein Jahr lang dauernden Arbeit Knüpfers mit Aimard, der Haupthandlung des Films, sind einige Nebenstränge verknüpft. Dass die Suche nach dem perfekten Ton nicht auch dramaturgisch vollkommen ausgefallen ist, beweist etwa der wohl als Reverenz vor dem groÃen Pianisten gemeinte, kurze Auftritt von Alfred Brendel. Die Einfügung seines Recitals auf dem Musikfestival Grafenegg im August 2007 in die Gesamtdramaturgie von âPianomaniaâ scheint arg gezwungen. Mehr dramaturgisches Gewicht besitzen die Szenen, die Künpfers Zusammenarbeit mit dem Pianisten Lang Lang oder auch mit den Musik-Kabarettisten Igudesman & Joo verdeutlichten. âPianomaniaâ zeigt mit viel Gespür für Humor, wie Stefan Knüpfer dem Duo verrückte technische Ideen für deren Show liefert. Lilian Franck und Robert Cibis verzichten in ihrem Film ganz auf Kommentar. Sie legen naturgemäà besonderen Wert auf die Tonqualität â die Filmemacher haben bis zu 90 Tonspuren in Dolby Surround Qualität aufgenommen. Die zurückhaltend beobachtende Kamera von Jerzy Palacz bevorzugt lange, ruhige Einstellungen, die der Schnitt von Michelle Barbin insbesondere im Mittelteil mit impressionistisch anmutenden Aufnahmen aus Wien verknüpft. Mit ihrem Film bieten Lilian Franck und Robert Cibis einen Einblick in die eher technische Seite der Musikwelt. Stefan Knüpfer erweist sich darin als geschickter Handwerker, der millimetergenau klopft, sägt und feilt ⦠bis der perfekte Ton entsteht. Die Eigenschaften des Tüftlers bringt der Meisterstimmer freilich mit einem überdurchschnittlichen Organisationstalent und mit einer auÃergewöhnlichen Gelassenheit in Einklang, die ihn auf jeden noch so ausgefallenen Wunsch eingehen lässt. Dass etwa Lang Lang für sein Konzert einen besonders stabilen Hocker verlangt, der seiner extrovertierten Spielweise standhält, kann den stets lächelnden Stefan Knüpfer überhaupt nicht aus der Fassung bringen. âPianomaniaâ handelt allerdings vor allem von der Leidenschaft Stefan Knüpfers. Insbesondere dank ihres charismatischen Hauptdarstellers gelingt es den Filmemachern Lilian Franck und Robert Cibis, dem Zuschauer die Passion des Meisterstimmers für den perfekten Klang sicht- und hörbar zu machen. |
||||||||||||||||||||
|