RAPUNZEL – NEU VERFÖHNT | Tangled
Filmische Qualität:   
Regie: Nathan Greno, Byron Howard
Darsteller: (dt. Stimmen:) Alexandra Neldel, Moritz Bleibtreu, René Marik, Bahar Kizil
Land, Jahr: USA 2010
Laufzeit: 100 Minuten
Genre: Animation
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 12/2010
Auf DVD: 3/2011


José García
Foto: Disney

Vor etwa vier Jahren übernahm der Disney-Konzern die Animationsschmiede Pixar, die spätestens seit ihrem ersten abendfüllenden Film „Toy Story“ (1995) für die innovativsten Filme in dieser Sparte steht. Seitdem zeichnet Pixars Gründer John Lasseter als geschäftsführender Vorstand sowohl für Pixar als auch für die Disney Animation Studios verantwortlich. Einen ersten Eindruck über die Zusammenarbeit konnte sich der Zuschauer beim ersten Disney-Film verschaffen, bei dem John Lasseter als Ausführender Produzent wirkte: „Bolt – Ein Hund für alle Fälle“ (siehe Filmarchiv). John Lasseters Einfluss auf „Bolt“ machte sich in den Bereichen bemerkbar, die zum Markenzeichen von „Pixar“ geworden sind, etwa in der brillanten Animation, den originellen Figuren und dem ausgefallenen Humor, insbesondere aber im doppelbödigen Drehbuch. Konnte „Bolt – Ein Hund für alle Fälle“ eher als einen Pixar- denn als einen Disney-Film bezeichnet werden, so fällt der zweite Disney-Film mit John-Lasseter-Beteiligung „Rapunzel – Neu verföhnt“ („Tangled“) vielmehr in die Kategorie „Klassische Disney-Filme“, wobei die Regisseure Byron Howard und Nathan Greno lediglich von einigen Elementen aus dem bekannten Märchen der Gebrüder Grimm ausgegangen sind.

Rapunzel (deutsche Stimme: Alexandra Neldel) lebt in einem hohen Turm mitten im Wald, weil ihre vermeintliche Mutter Gothel sie vor den Gefahren der Außenwelt schützen will. Der einzige Zugang zum abgelegenen Turm besteht darin, dass Rapunzel ihr langes Haar herunterlässt, an dem Frau Gothel hinaufklettert („Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter!“). Soweit die Übereinstimmungen des Animationsfilms mit dem beliebten Grimm-Märchen. Im Film von Byron Howard und Nathan Greno besitzt Rapunzels Haar magische Kräfte: Wenn ihr glänzend goldenes Haar beim Singen eines Liedes zu leuchten anfängt, wird es zur Quelle ewiger Jugend für Frau Gothel. Im Unterschied zur Märchenvorlage steigt kein Königssohn den Turm hinauf, sondern der charmante Dieb Flynn Rider (Moritz Bleibtreu), aus dessen Sicht Rapunzels Geschichte erzählt wird.

Flynn Riders Stimme ist es, die zu Filmbeginn in einem Off-Kommentar die Geschichte von Geburt und Entführung Rapunzels berichtet. Nach diesem Prolog beginnt die eigentliche Handlung etwa achtzehn Jahre später. Denn vor ihrem 18. Geburtstag fasst sich das Mädchen mit dem langen Haar ein Herz: Sie will Mutter Gothel um Erlaubnis bitten, den Turm zu verlassen, um sich die schwebenden Lichter aus der Nähe anzuschauen, die jedes Jahr an ihrem Geburtstag in den Himmel steigen. Da erwartungsgemäß die Hexe es nicht erlaubt, erblickt Rapunzel in Flynn Rider die Chance, dem Turm zu entkommen und die wunderschönen Lichter suchen zu gehen. So beginnen die Abenteuer von Rapunzel und Rider, denn sie werden nicht nur von der bösen Hexe, sondern auch von den Häschern des Königs verfolgt, die dem Dieb auf der Spur bleiben.

Obwohl „Rapunzel – Neu verföhnt“ der erste vollständig im Computer erzeugte Disney-Animationsfilm ist, bleiben die Filmemacher dem Prinzip treu, das sie bereits bei „Bolt – Ein Hund für alle Fälle“ angewandt hatten: Die Hintergründe sehen aus, als seien sie aquarelliert. Dennoch wird diese Anmutung mit einer perfekten Animation nicht nur bei Rapunzels Haaren, sondern auch in den Wassermassen kombiniert. Obwohl die 3D-Effekte meistens eher überflüssig erscheinen, so überzeugen sie doch an einigen Stellen, etwa beim an „Mission Impossible“ angelehnten Diebstahl einer Krone. Wie so oft bei Disney-Filmen spielen in „Rapunzel – Neu verföhnt“ auch Tiere eine wichtige Nebenrolle, so etwa der ausdrucksstarke Chamäleon Pascal, Rapunzels einziger Gefährte im Turm. Viel Aufwand haben die CGI-Entwickler insbesondere auch in die Figur des Schimmels Maximus investiert. Das Super-Pferd kann nicht nur fechten, sondern besitzt darüber hinaus die Fähigkeiten eines Spürhundes.

Der 50. abendfüllende Zeichentrickfilm Disneys vereint etliche Elemente aus der mehr als 70-jährigen Geschichte des Pionier-Zeichentrickstudios mit einigen Neuerungen insbesondere in der Animation. Das Ergebnis ist ein actionreicher Abenteuerfilm für groß und klein mit sympathischen Charakteren, perfekter Animation … und einer unübersehbaren oder besser unüberhörbaren Schwäche. Denn die Songs, die der mit drei Oscars ausgezeichnete Filmkomponist Alan Menken liefert, wirken störend. Das hat nicht nur damit zu tun, dass Musik und (deutscher) Text kaum zueinander passen. Statt die Handlung voranzutreiben, hemmen sie außerdem den Erzählfluss. Was gewiss nicht nur Alan Menken, sondern ebenfalls Drehbuchautor Dan Fogelman anzulasten ist, der die Gesangseinlagen nicht in seine Story zu integrieren weiß.
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