MORNING GLORY | Morning Glory
Filmische Qualität:   
Regie: Roger Michell
Darsteller: Rachel McAdams, Harrison Ford, Diane Keaton, Jeff Goldblum, Patrick Wilson
Land, Jahr: USA 2010
Laufzeit: 108 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S, D
im Kino: 1/2011
Auf DVD: 6/2011


José García
Foto: Paramount

Die Geschichte einer jungen Frau aus der Provinz, die sich allen ungünstigen Voraussetzungen zum Trotz im Haifischbecken der Großstadt gegen erfahrene Divas durchsetzt, ist ein beliebter Hollywood-Filmstoff. Wenn das Drehbuch in zündende Dialoge verpackte, interessante Fragen anspricht, und die Regie es mit einem dramaturgisch stimmigen Erzählrhythmus umzusetzen vermag, wird die allzu bekannte Fabel vom schüchternen Entlein, das sich in einen selbstbewussten Schwan verwandelt, dennoch zu „großem Kino“. So geschehen zuletzt etwa in David Frankels „Der Teufel trägt Prada“ (siehe Filmarchiv), der das Drehbuch von Aline Brosh McKenna kongenial inszenierte.

Das neue Drehbuch von Aline Brosh McKenna geht von einer ähnlichen Konstellation aus. Nur dass es in „Morning Glory“ die „Neue“ nicht mit der herrischen Chefredakteurin einer Mode-Zeitschrift, sondern mit einem mit allen Wassern gewaschenen Fernsehreporter zu tun hat, der statt Prada als persönliche Note Ringelsocken zum perfekt sitzenden und teuren Anzug trägt.

„Morning Glory“ erzählt von der 28-jährigen Becky Fuller (Rachel McAdams), die in ihrer Arbeit als Produzentin einer morgendlichen Fernsehsendung in New Jersey so sehr aufgeht, dass für ihr Privatleben gar keine Zeit bleibt. Die Lebenskrise, in die sie die Kündigung stürzt, hält allerdings nicht lange an. Denn bereits nach wenigen Versuchen erhält sie einen Anruf vom Programmdirektor eines New Yorker Senders, der ihr eine Chance als Producerin der Morgenshow „Daybreak“ anbietet. Das Angebot hat freilich einen Haken: Die Produktionsräume der Sendung befinden sich nicht umsonst im Untergeschoss des Studiogebäudes, auch die Quote ist ebenfalls im Keller. Keine leichte Aufgabe für die ehrgeizige Becky, die zu allem Überfluss gleich an ihrem ersten Arbeitstag den arroganten Co-Moderator entlässt.

Obwohl dieser Paukenschlag Becky bei allen Teammitgliedern gehörig Respekt verschafft, stellt er sie auch vor das Problem, einen neuen Sprecher an der Seite der langjährigen Moderatorin Colleen Peck (Diane Keaton) zu finden. Die forsche Produzentin findet heraus, dass sie dank einer Klausel in seinem Vertrag den legendären TV-Anchorman Mike Pomeroy (Harrison Ford) dazu verpflichten kann. Klausel hin, Klausel her: Der für seine Kriegsberichterstattung vielfach ausgezeichnete, altmodische Nachrichtenmann im Maßanzug und den bunt geringelten Socken verachtet das oberflächliche Frühstücksfernsehen im Allgemeinen und seine neue Kollegin, die ehemalige Schönheitskönigin aus Arizona und vor allem für ihre Oberflächlichkeit bekannte Colleen Peck, im Besonderen. Keine guten Voraussetzungen, um das leckgeschlagene Schiff „Daybreak“ zu retten.

Darüber, dass die Handlung von „Morning Glory“ völlig vorhersehbar ist, kann sich im Grunde kein Zuschauer wundern. Das gehört zu einer Hollywood-Komödie einfach dazu. Schwieriger wiegt es jedoch, dass sich die Dramaturgie einfach zu schleppend ausnimmt: Bis sich die eigentliche Handlung entwickelt, dauert es eine geschlagene Stunde. Darüber hinaus verschwendet Regisseur Roger Michell die Möglichkeiten, die ihm das Drehbuch anbietet, weil der Film etliche Konflikte lediglich anreißt, ohne sie konsequent – wie etwa in „Der Teufel trägt Prada“ – zu verfolgen.

Dennoch: Die großartigen Schauspieler, allen voran eine herrlich selbstironische Diane Keaton und ein Harrison Ford in Hochform, tragen den Film. Davon zeugt etwa die zwar klischeebeladene, aber dennoch witzige Szene, bei der die verfeindeten Colleen Peck und Mike Pomeroy im Rahmen eines werbewirksamen Fotoshootings als ein Herz und eine Seele auftreten (müssen). In der Sendung liefern sich die Beiden allerdings immer wieder einen verbalen Schlagabtausch und vor allem einen tagtäglichen Kleinkrieg um das Schlusswort der Morgenshow. Solche „running gags“ hat Roger Michell gleich mehrfach zu bieten, etwa in den kauzigen Gästen der morgendlichen Sendung oder in den Mutproben, mit denen der Wetterfrosch von „Daybreak“ mehr Aufmerksamkeit für seine tägliche Vorsehersage zu erheischen hofft. Dass „Morning Glory“ nicht in Slapstick ausartet, verdankt er insbesondere auch der traditionellen Kameraführung von Alwin Küchler. Sie gemahnt nicht nur an „Der Teufel trägt Prada“ etwa in einigen Straßenszenen, sondern knüpft darüber hinaus an die klassischen Hollywood-Komödien an. Obwohl in der Behandlung der Medienwelt ähnlich oberflächlich wie die Programme, die er anprangert, unterhält „Morning Glory“ mit seinem Humor und seinen guten Darstellern.
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