RED RIDING HOOD – UNTER DEM WOLFSMOND | Red Riding Hood
Filmische Qualität:   
Regie: Catherine Hardwicke
Darsteller: Amanda Seyfried, Gary Oldman, Billy Burke, Shiloh Fernandez, Max Irons, Virginia Madsen, Lukas Haas, Julie Christie, Shauna Kain, Michael Hogan, Adrian Holmes
Land, Jahr: USA 2011
Laufzeit: 99 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 4/2011
Auf DVD: 8/2011


José García
Foto: Warner Bros.

„Rotkäppchen“ (oder auch „Rotkäppchen und der böse Wolf“) gehört laut Wikipedia „zu den am häufigsten bearbeiteten, interpretierten und auch parodierten Märchen“. Bei der nun im deutschen Kino anlaufenden Filmfassung „Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond“ von Catherine Hardwicke weiß der Zuschauer bis zuletzt nicht richtig, ob es sich um eine Interpretation oder aber um eine Parodie handelt.

Aus der Vogelperspektive fährt die Kamera über eine aus Wald und Schnee bestehende Landschaft, bis sie ein kleines Dorf ausmacht, das aus der Nähe mittelalterlich anmutet. Eine weibliche Off-Stimme führt in die Vorgeschichte ein: Sie sei immer gerne in den Wald gegangen und habe alle Warnungen, sie solle nicht mit Fremden sprechen, in den Wind geschlagen – ein Widerhall der Moral von Charles Perrault, der das Märchen 1697 erstmals schriftlich fasste: „Kinder, insbesondere attraktive, wohl erzogene, junge Damen, sollten niemals mit Fremden reden, da sie in diesem Fall sehr wohl die Mahlzeit für einen Wolf abgeben könnten.“ Als Kind habe Valerie ihre Zeit am liebsten mit dem Holzfällersohn Peter verbracht. Ein scharfer Schnitt: Zehn Jahre später ist Valerie (Amanda Seyfried) noch immer in Peter (Shiloh Fernandez) verliebt, soll aber nach dem Willen ihrer Eltern den Sohn der reichsten Familie im Dorf, Henry (Max Irons), heiraten.

Eine dramatische Wendung erhält das beschauliche Leben im (Märchen-)Dorf Daggerhorn, als sich ein marodierender Werwolf nicht mehr mit dem Tier zufrieden gibt, das ihm die Dorfgemeinschaft bei Vollmond opfert. Unter der Wirkung des „Blutmondes“ tötet das Ungeheuer Valeries ältere Schwester. Die Dorfbewohner schwören Rache und machen Jagd auf einen Wolf, den sie auch erlegen. Die daraufhin stattfindende Feier erweist sich freilich als verfrüht, wie ihnen der herbeigeeilte Werwolfjäger „Pater“ Solomon (Gary Oldman) eröffnet: Der Werwolf nehme tagsüber menschliche Gestalt an, er sei einer von ihnen. Als sich herausstellt, dass Valerie auf mysteriöse Art mit dem Wolf verbunden ist, macht sie sich verdächtig und wird von Solomon als Köder benutzt. Irgendwann einmal macht sich Valerie in rotem Gewand auf, ihre Großmutter (Julie Christie) in ihrem mitten im Wald gelegenen Haus zu besuchen.

Beginnt „Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond“ als sogenannter Mysterienthriller im Stile eines „The Village – Das Dorf“ (M. Night Shyamalan, 2004), so entwickelt Catherine Hardwicke ihren Film nach und nach in Richtung Krimi, in dem es um die Identität des Werwolfes geht. Die Auflösung offenbart allerdings vor allem die Schwächen des Drehbuchs von David Leslie Johnson. In der Inszenierung orientiert sich Regisseurin Hardwicke offensichtlich an ihrem früheren Film „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ (2008), wenn auch die Spezialeffekte, insbesondere der computeranimierte Werwolf, nicht ähnlich gelungen sind. So finden romantische Szenen in einem sonnendurchfluteten Wald oder einfach im Weichzeichner statt. Wenn die subjektive Sicht des Werwolfs eingenommen werden soll, zeichnet sich Mandy Walkers Kameraführung durch eine extrem wackelige und hektische Handkamera aus.

Obwohl Regisseurin Hardwicke ihren Film offenkundig mit knochentrockenem Ernst nimmt, drängt sich der Verdacht auf, „Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond“ sei eigentlich eine Persiflage auf das klassische Märchen. Davon zeugt etwa der Zusammenhang, in dem die berühmten Sätze „Großmutter, warum hast Du so große Augen…“ zitiert werden, die beim Zuschauer nur Gelächter hervorrufen. Wie anders denn als parodistisch könnte darüber hinaus etwa der ganze Auftritt der Multi-Kulti-Truppe von „Pater“ Salomon bezeichnet werden, die wie eine Kreuzung aus den „Ghostbusters“ aus dem gleichnamigen Film von Ivan Reitman (1984) und einer GSG 9-Einheit aussieht? Genauso grotesk ist die gesamte Figur des „Pater“ Solomon angelegt: Nach Art eines kirchlichen Würdenträgers in violett gewandet und vom jüngeren Pater August als „Eminenz“ angesprochen, zeichnet ihn der Film als fanatischen, gewalttätigen Inquisitor. Der gesamte „christliche“ Anstrich scheint ohnehin der Legende geschuldet zu sein, ein Werwolf könne keine geweihte Erde betreten. In der Rückzugsmöglichkeit, die der geweihte Boden einer Kirche bietet, erschöpft sich denn auch der „christliche“ Subtext in „Red Riding Hood“.
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